Manchmal klappt es. Da findet die Realität einen Weg in die Köpfe derer, die sie vorher offensichtlich ausgeblendet oder ignoriert haben. So geschehen vor kurzem, als Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte, dass die Bundesregierung in ihrer Klimapolitik wohl doch einige Versäumnisse zu verzeichnen hat. Hört, hört … unumkehrbar wolle man jetzt den Weg der Maßnahmen machen, der zur CO2-Neutralität führt.
Während man das sicher auch erst mal wieder diskutieren wird, legen an anderer Stelle Künstler*innen den Finger in die Wunde. Im Untergeschoss des Leipziger Museum der bildenden Künste ist derzeit die Ausstellung „Zero Waste“ zu sehen. Was Leipzig mit Kunstleben Berlin zu tun hat, fragst du dich jetzt vielleicht. Meine Antwort lautet: Das ist dem Klimawandel egal. Dem Müll übrigens auch, denn der ist auf der ganzen Welt verteilt. In der Luft, auf der Straße, in unseren Böden, in dem, was wir essen, in unserer Kosmetik. Ihn zu reduzieren, heißt auch erst einmal, wahrzunehmen, wie sehr wir uns schon zugemüllt haben und es Tag für Tag immer wieder tun, auch wenn wir es gar nicht sehen. Oder denkst du beim Einkauf von Tomaten oder Obst aus Spanien daran, dass die Früchte oder das Gemüse unter Plastikplanen reifen? Die Plantagen sind so gigantisch groß, dass man sie aus dem All sehen kann. Der Künstler Raul Walsch hat sich mit diesen Planen beschäftigt und einige zu einem gigantischen Mobile zusammengebaut, das in einem der traumhaft schönen, offenen und hohen Museumsräume hängt. Andere Werke zeigen, wie der Dreck aus Abgasen sich an Tunnelwänden sammeln, oder wie viele Alltagsgegenstände wir nutzen, die dann im Müll landen.
Doch was ist eigentlich mit dem Kunstbetrieb selbst? Welche Auswirkung hat der Kunstmarkt auf das Klima? Wenn Kunstwerke um die halbe Welt reisen, Menschen von A nach B fliegen, um Ausstellungen zu besuchen, Ressourcen für Kunstwerke verbraucht werden, die dann als Müll enden – man denke nur an die aufwendigen Verpackungen. Auch damit beschäftigt sich die Ausstellung, fragt, wie der Kunstmarkt selbst nachhaltiger wirtschaften kann. Die Aussteller haben ihren eigenen Weg gefunden – verzichten auf weite Wege, materialaufwendige Installationen, Reisen über weite Distanzen für kurze Aufenthalte und kooperiert mit lokalen Akteuren. Dazu kommt, dass der Erlös des zur Ausstellung erscheinenden Katalogs mit Installationsansichten in den Versuch von Andreas Greiner, die CO2-Produktion der Ausstellung zu berechnen und durch das Pflanzen entsprechend vieler Bäume zu kompensieren, fließt. So können auch Besucher und Besucherinnen ihren Beitrag leisten. Ein nachahmenswertes Konzept.
Rund um die Ausstellung gibt es ein Veranstaltungsprogramm, das die Ausstellung durch Vorträge und Aktionen ergänzt. LINK Und wenn du schon mal dort bist, dann versäume nicht, dir das ganze Haus anzuschauen. Das Museum, geplant von den Berliner Architekten Hufnagel, Pütz und Rafaelian, ist eine unglaublich gut gelungene Verbindung von Kunst und Architektur.
„Zero Waste“
Noch bis zum 8.11.2020 im MdbK