Es gibt Momente im Leben, die man nicht so schnell wieder vergisst. Für mich gab es diesen magischen Moment am 12. August 2016, als ich von Wolfgang Petrick zum Interview in seinem Kreuzberger Atelier empfangen wurde. Ich war wie paralysiert, als sich die Fahrstuhltür direkt in seinem Atelier öffnete und ich ohne Vorwarnung mitten in der Wunderwelt des Künstlers stand.
Das Atelier von Wolfgang Petrick ist kaum in Worte zu fassen und sprengt jede Vorstellungskraft! Ein kunstvolles Universum. Eine eigene Welt. Das Innenleben des Künstlers ohne Rücksicht offen gelegt. So etwas habe ich bisher noch nicht gesehen – und ich habe schon viel gesehen!
Neben Zeichentischen, auf denen sich unfertige Skizzen und angefangene Arbeiten stapelten, griffen surreale Figuren in den Raum. Daneben riesige Glasvitrinen, in denen sich Ungeheures abspielte. Mannshohe Puppen, mit Kupferdraht umwickelt, auf merkwürdigen Untergründen befestigt. Altes Spielzeug liegt drapiert daneben. Die Krönung dieses kunstvollen Chaos: ein ausgestopftes Krokodil mit weit aufgerissenem Maul.
Ein Raum voller plastischer Merkwürdigkeiten, die erst durch genaues Hinsehen ihre Bedeutung erlangten. Rechts und links an den hohen Atelierwänden stehen in 10er Reihen gestapelt, duzende, großformatige Gemälde, teils akribisch virtuos mit Tinte und Feder gezeichnet, andere mit Farben und Pinsel gemalt. Ich frage mich noch heute, wie man so riesige Leinwände oder Papierbahnen mit so viel Feinarbeit bearbeiten kann, ohne dass man an dieser Sisyphos-Arbeit verzweifelt. Wolfgang Petrick scheint ein in sich ruhender Künstler zu sein, denn ohne diesen Charakterzug wäre eine solche Mammutaufgabe unlösbar.
Ein philosophisch-politischer Geschichtenerzähler
Auch der nächste Raum hielt Überraschendes für mich bereit. Auch hier ein wahres Kunstuniversum! Schwarze Skulpturen und Objekte, die mir mit solch prägnanter Wucht entgegen prallten, daß ich unweigerlich an die futuristischen Arbeiten eines H.R. Giger dachte. Doch Petrick ist kein technischer Futurist. Eher ein philosophisch-politischer Geschichtenerzähler. So jedenfalls, erscheinen mir seine geheimnisvollen Figuren. Wir gehen durch schier endlose Räume und in jedem dieser Räume spielt sich auf magische Weise ein neues, künstlerisches Drama ab.
Zum Schluß führt mich Wolfgang Petrick noch in einen hellen, freundlichen Raum, den er zur Präsentation seiner neuesten Arbeiten bereit hält. Hier kann ich wieder Gedanken fassen und mich auch auf meine Aufgabe konzentrieren, nämlich diesen herausragenden Künstler für Dich zu interviewen.
KUNSTLEBEN BERLIN bedankt sich herzlich für die Einladung.
Über Wolfgang Petrick
Jahrgang 1939, studierte anfänglich Biologie, wechselte aber später an die Hochschule der Künste Berlin. Nach seinem Kunststudium als Meisterschüler bei Werner Volkert, war er ebenda Professor von 1975 bis 2007. Seit 1993 ist er Mitglied der Akademie der Künste Berlin. Gemeinsam mit Karl Horst Hödicke, Bernd Koberling, Markus Lüpertz und Peter Sorge, gründete Petrick 1964 die Ausstellungsgemeinschaft „Großgörschen 35“ in Berlin. Sein Schaffen konzentrierte sich auf die Malerei, Zeichnung, Skulptur und Druckgrafik. Im Jahre 1969 erhält er den Preis der Malerei der Stadt Wolfsburg. 1972 erhält er die Goldmedaille der 3. Biennale Internationale della Grafika in Florenz. Unzählige nationale und internationale Ausstellungen. Aktuell zu sehen im Herzog Anton Ulrich-Museums in Braunschweig.
Wolfgang Petrick arbeitete lange Zeit parallel in seinen Ateliers in New York und Berlin.
Heute lebt und arbeitet er in Berlin.
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