Die Bildwelten von Thomas Müller sind komplexe abstrakte Anordnungen, die sich ganz selbstverständlich den gängigen Deutungsmustern entziehen. Seine Kompositionen setzen sich aus kristallinen, gewebten, wellenförmigen, flächigen, gespannten und schwebenden Gebilden zusammen. Immer meinen wir etwas zu erkennen, wir können ihnen allen einen Namen geben, die architektonischen Bezüge zum Beispiel sind ganz offensichtlich. Aber im selben Augenblick entzieht sich das Bild einer voreiligen Deutung, lenkt durch einen Bruch der Linie, eine kleine Irritation auf andere Pfade des Sehens und behauptet sich ganz für sich selbst. Die Werke setzen die Wahrnehmung in Bewegung und beherbergen zugleich Orte der Ruhe.
Müller arbeitet konsequent am Spannungsfeld zwischen Linie und Fläche auf der einen, und Struktur und Tiefe auf der anderen Seite. Dabei spielen das Zeichnerische und das Malerische miteinander, was er auch durch die Verwendung einer Vielfalt von Techniken ermöglicht. Seit Neuestem nutzt er eine spezielle Schellacktusche, die durchscheinende, glänzende und plastische Effekte erzielt. Sein Werk besteht aus einer konsequent sich entwickelnden, fortschreitenden, die Brüche mitaufnehmenden Auseinandersetzung mit dem Medium der Zeichnung, das uns in jedem Werk aufs Neue überrascht.
Thomas Müller studierte von 1979–1988 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart sowie anschließend Germanistik an der Universität Stuttgart. Er hat international ausgestellt und seine Werke sind Teil bedeutender Sammlungen, u. a. des Centre Pompidou in Paris, der Deutschen Bank Collection, Frankfurt, den Kunstmuseen Stuttgart, Bonn, dem Städel Museum in Frankfurt, dem Museum Kunstpalast in Düsseldorf und den graphischen Sammlungen in München und Berlin. Der Künstler lebt und arbeitet in Stuttgart.
Beitragsbild: Thomas Müller, Ohne Titel, 2023, Acrylfarbe und Farbstift auf Saunders Waterford Bütten, 214 x 153 cm, Foto: Frank Kleinbach, Stuttgart
Thomas Müller – Zeichnungen
29. April 2023 – 17. Juni 2023