Für die Ausstellung (re)connecting.earth, die in Schrebergärten, sowie auf Plakaten im Bereich Kreuzberg und in dem Kunstprojektraum Kurt-Kurt stattfindet, haben 16 Künstler:innen, die sich mit Themen der Ökologie auseinandersetzen, Anleitungen zur Realisierung von Kunstwerken entwickelt, die den Betrachter:innen auf konkrete und/oder übertragene Weise die Möglichkeit einer direkten Interaktion mit den im Stadtraum lebenden Pflanzen und Tierarten bieten.
In grafisch oder sprachlich elaborierter Form leiten die vorgelegten Arbeiten die Durchführung performativer Aktionen oder die Herstellung materieller Objekte an und eröffnen durch den Handlungsvollzug die Möglichkeit, neue Beziehungsweisen mit der Umwelt einzugehen. In ihrer Form knüpfen diese Werke an Arbeiten von Marcel Duchamp oder Yoko Ono und den Künstler:innen der Fluxus-Bewegung an, deren Anleitungen ebenfalls dazu konzipiert waren, die Betrachter:innen in den Entwicklungsprozess der Kunstwerke einzubeziehen.
Im Rahmen der Ausstellung (re)connecting.earth ist das Publikum jederzeit dazu eingeladen, sich in Szene zu setzen und Realisierungen von Anleitungen – auf der Straße oder anderswo – fotografisch zu dokumentieren. Die Fotos können mit den Künstler:innen und der Öffentlichkeit auf der Website und in sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #reconnectingearth geteilt werden.
Verbindung zwischen Kunst und Ökologie
Ob in der Kleingartenanlage Habsburg-Gaußstraße oder im öffentlichen Raum auf großen Plakatwänden, die künstlerischen Anleitungen sind so platziert, dass sie die Aufmerksamkeit der Passant:innen erregen und direkt vor Ort ausgeführt werden können. Der Kunstraum Kurt-Kurt sowie die Website www.reconnecting. earth ermöglichen die Entdeckung weiterer Werke der eingeladenen Künstler:innen und kontextualisieren sowohl den Begriff der Anleitung in der zeitgenössischen Kunst als auch die Verbindung zwischen Kunst und Ökologie.
Ausgehend von den Anleitungen werden Workshops, Spaziergänge zur Stadtökologie mit einem Expertenduo aus Kunst und Wissenschaft sowie Kunst-Performances stattfinden – in der Eröffnungswoche und an punktuellen Terminen während der Laufzeit der Ausstellung. Die Veranstaltungen bieten sowohl die Möglichkeit, die seit über hundert Jahren bestehenden Charlottenburger Kleingärten zu besuchen, als auch die Gelegenheit, einen neuartigen Blick auf die biologische Artenvielfalt von Kreuzberg zu gewinnen.
In einer Zeit, in der sich Umweltdebatten meist um Szenarien der globalen Erwärmung und um die Menge an CO2-Kompensation drehen, die nötig ist, um die Klimaziele bis 2030 oder 2050 zu erreichen, erlaubt der Abstraktionsgrad dieser Diskurse kaum noch einen Zugang zu den (hinter den Zahlen stehenden) Phänomenen und zur unmittelbaren Umwelt. Die Wiederherstellung einer affektiven Beziehung zu nicht-menschlichen Lebensformen und die Neujustierung unserer Vorstellungen von der Natur, kann uns vielleicht davor bewahren, in eine „Krise der Sensibilität“ zu fallen.
Einige der heute 70.000 Kleingärten dienten schon zu der Zeit der Industrialisierung dazu, die Stadtbewohner:innen der Natur näher zu bringen. Ausgehend von einem Kleingartenverein in Charlottenburg, der für seinen ökologischen und künstlerischen Ansatz bekannt ist, entfaltet sich die Ausstellung (re)connecting. earth über die Straßen Kreuzbergs bis in den Projektraum Kurt-Kurt in Berlin Moabit. Im Mittelpunkt der verschiedenen Ausstellungsformate steht die Frage nach dem Verhältnis und der möglichen Verbindungsweisen der menschlichen Stadtbewohner:innen zu den übrigen Lebewesen im Stadtraum.
(re)connecting.earth ist eine Wanderausstellung und einige Werke werden in einem ähnlichen Rahmen in Genf und Meyrin (Schweiz) vom 10.07. bis zum 10.10.21 gezeigt.
Künstler:innen
Caroline Bachmann, Julian Charrière, Eli Cortiñas, Andreas Greiner & Takafumi Tsukamoto, Valérie Favre, David Horvitz, Bianca Kennedy & The Swan Collective, Fabian Knecht, Antje Majewski, Luzie Meyer, Regina de Miguel, Adrien Missika, Pfelder, Simone Zaugg, Zheng Bo
Julian Charrières Anleitung erinnert an eine seiner früheren Arbeiten, die 2013 als Performance und Fotografie realisiert wurde. Für die Fotoserie Digesting Geometry führte Charrière eine Reihe von Interventionen mit Tauben in Berlin, London und Paris durch. Indem er Sonnenblumenkerne in verschiedenen geometrischen Formen auf dem Boden auslegte, lockte er Tauben an, die sie umkreisten und an ihnen pickten. Dadurch entstanden geometrische Figuren, die jedes Mal verschwanden und wieder auftauchten, wenn die Tauben gestört wurden und dann wiederkehrten.
Die Taube, ein einst domestizierter Vogel, der dem Menschen als Bote diente, hat ihre Nützlichkeit verloren und wird zunehmend als außer Kontrolle geratener Schädling betrachtet, der die Stadtlandschaft besetzt. Mit seiner Performance zähmt Charrière die Vögel, um sie wieder in strukturierte und geordnete Muster zu bringen. Er holt sie aus ihrem scheinbaren Chaos heraus, indem er sie wieder in die Geometrie unseres Lebens einführt. In der Ausstellung bietet er dem Publikum die Möglichkeit, diese Erfahrung nachzuerleben und mit diesen Ratten der Lüfte auf Tuchfühlung zu gehen und dabei über die Verbindungen zu anderen Lebewesen in der Stadt sowie über das menschliche Bedürfnis nach Ordnung und Ästhetik in der Natur nachzusinnen.
(re)connecting.earth
12. Juni – 25. September 2021
Im Kleingartenverein Habsburg-Gaußstraße, Gaußstraße 14, 10589 Berlin
Durchgehend geöffnet
Kleingartenverein Habsburg-Gaußstraße
10. Juni – 31. Juli 2021
Im Projektraum Kurt-Kurt, Lübecker Str. 13, 10559 Berlin
Fr – Sa: 17 – 20 Uhr
8. – 20. Juni und 6. – 19. September 2021
Plakatierung der künstlerischen Anleitungen in Kreuzberg mit geführten Walks