„Geld für Leute, die es nicht brauchen“ titelte die FAZ vor einigen Tagen und berichtete über den Missbrauch von Corona-Hilfen im Kultur-Sektor. Damals – also 2020 – ging es darum, mit dem Programm „Neustart Kultur“ möglichst vielen Häusern, Theatern, Museen und Galerien einen Neustart zu ermöglichen. „Neustart Kultur“ läuft bis 2023 weiter und schon jetzt ist klar, dass viele profitiert haben, die die Finanzspritze eigentlich nicht nötig gehabt hätten, während andere ohne oder trotz Hilfen untergegangen sind. Die echten Bedarfe hat scheinbar niemand überprüft und im Nachhinein wird klar, dass so manche Galerie oder Kultureinrichtung die Gelder für Investitionen genutzt hat, die mit Corona-Ausfällen wohl nicht einmal im entferntesten Sinne etwas zu tun hatten. Und nun kommt in Berlin die Ankündigung für weitere staatliche Hilfen.
Verlängerung der Corona-Hilfen für die Kulturszene
Das Programm, das nun in Verlängerung geht, wurde als Programm „Perspektive Kultur“ aufgelegt. Dafür wurden 40 Millionen Euro in diesem und dem kommenden Jahr bereitgestellt. Das Besondere daran ist, dass diese Mittel nicht ausschließlich der Existenzsicherung dienen, sondern auch in Struktur- und Programmmittel investiert werden können. Zusätzlich dazu gibt es eine neue Härtefallregelung für jene Unternehmen, die bereits gefördert wurden und trotzdem unter nachgewiesenem Geldmangel leiden. Pro Förderzeitraum (drei Monate) können 500.000 Euro abgerufen werden. Aber nicht nur in Berlin, auch in Sachsen setzt man weiter auf Förderung: Sachsens Staatstheater erhalten vom Freistaat Corona-Hilfen in Höhe von 2,4 Millionen Euro.
Kulturförderung – wichtig, richtig und angemessen?
Bei den Summen und dem, was in den letzten Wochen im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Corona-Hilfen im Kulturbereich aufgedeckt wurde, steht natürlich die Frage im Raum, ob die Staatsinvestitionen angesichts der prekären Lage an anderen Stellen sinnvoll oder schlichtweg rausgeschmissenes Geld sind. Während in Berliner Schulen teilweise der Putz bröckelt und Fenster sich nicht mehr schließen lassen, schaffen Theater mit staatlicher Hilfe neue Kostüme an oder hübschen Galerien ihre Ausstellungsflächen auf. Lässt sich das eine gegen das andere aufwiegen? Nein. Das ist Whataboutism – ein umständliches Wort, das darauf hindeutet, dass man einen Missstand zur Seite schiebt, indem man den Fokus auf einen anderen Missstand lenkt. Natürlich brauchen Schulen staatliche Unterstützung. Aber ebenso kulturelle Einrichtungen. Das bedeutet aber nicht, dass man die Corona-Hilfen für die Kultur nicht kritisch hinterfragen kann. Ungeprüften Geldregen oder –segen sollte es nicht mehr geben.
Kontrolle ist machbar
Was es auf jeden Fall braucht, ist ein gut strukturiertes Kontrollsystem bei gleichzeitig leichtem Zugang zu Hilfen dort, wo sie essentiell für das Überleben sind. Das klingt nach einem Spagat und das ist es auch mit Sicherheit. Aber die Zahlen zeigen, dass Hilfe nach dem Gießkannenprinzip leider oft nur denen beim Wachsen hilft, die ohnehin schon kräftig sind. So berichtet die FAZ: „Tatsächlich brach der weltweite Handel mit Kunst dem „Global Art Market Report“ zufolge 2020 um 22,1 Prozent ein. Der Monitoringbericht der Bundesregierung zur Kultur- und Kreativwirtschaft hält für das Jahr einen Umsatzrückgang von 39 Prozent im deutschen Kunsthandel (ohne Auktionshäuser) fest. Den größten Verlust hatten selbständige Künstler zu verkraften – die von „Neustart Kultur“ oftmals nach Exzellenz, nicht Bedürftigkeit gestützt wurden.“
Bedarfsgerechte Hilfe
Und da liegt das Problem: Die selbstständigen Künstler:innen und Kleinunternehmer:innen werden auch von der Verlängerung der „Perspektive Kultur“ nicht profitieren. Für sie gibt es nach wie vor keine oder zu wenig angepasste und bedarfsgerechte Unterstützung. Nach Corona schröpft nun die die Energiekrise die letzten Reserven und wird dafür sorgen, dass die Vielfalt der Kulturlandschaft wohl Ähnliches erlebt wie die Natur selbst: Es wird stiller.