GNYP Gallery eröffnet am 29. April 2021 die erste Soloausstellung New Paintings & Works on Paper der amerikanischen Künstlerin Jocelyn Hobbie. In Jocelyn Hobbies figurativen Gemälden verschmelzen Themen von Sterblichkeit, Erotik und eine anhaltende Abneigung gegen das zeitgenössische Leben. Ihr gesteigerter Naturalismus und der erhöhte Grad an gesättigten Farben ofenbaren eine sinnliche Stimmung, die den subjektiven Aspekt der Figuren in den Arbeiten verstärkt und dazu einlädt, sich über ihr Wesen Gedanken zu machen.
Eine Möglichkeit uns in der Welt zurechtfinden, ist das Lesen von Gesichtern, ein einfaches Unterfangen, das offenbar von fast allen Kulturen geteilt wird. Sind es Mimik, Gestik und die Körpersprache, die uns grundsätzliches über das Kommunikationsverhalten und Wesen eines Menschen verraten, so können wir in ihnen auch unsere eigene Fremdwahrnehmung reflektieren.
Wir erkennen Emotionen, verinnerlichen sie und stellen sie in Verbindung zu anderen Sinneseindrücken. Wir lernen Sympathie und Antipathie zu unterscheiden und entwickeln Vorlieben und Assoziationen. Zu Kunst konfiguriert, erzeugen Gesichter, Gesten und Körperhaltungen eine elementare und komplexe Gattung. Ein solches Verständnis von Porträtkunst mag auf Universalität und eine umfassende Darstellung dessen abzielen, was hinter – oder vor – diesen Frauen und Männern, Bekannten und Unbekannten, steht, die uns anschauen und von uns angeschaut werden. Die dargestellten Charaktere in Jocelyn Hobbies Gemälden und Zeichnungen – mit vieldeutigen Ausdrücken charakterisiert, die vom Blasierten zum Selbstbewussten, vom Nachdenklichen zum Aufmerksamen übergehen – geben einen Einblick in die Risse der menschlichen Natur. Wenn auch zunächst verborgen zeigt die Herangehensweise, in der Hobbie das Genre des Porträts manövriert etwas über die Bildende Kunst in seiner Gesamtheit aus. Die in der GNYP Gallery erstmalig gezeigten Arbeiten zeigen auf wie wir die Welt der Gesichter, des Ausdrucks und der Sehnsüchte steuern, während sie gleichermaßen ein anregendes Gespräch mit den Maßstäben der Kunstgeschichte führen.
Eingebettet und von ihm aufgefangen scheinen die Figuren mittels dem mit Fauna und Flora versehenen Hintergrund eins zu werden. Teils stilisiert und teils an tatsächliche Blüten erinnernd, suggerieren sie eine Textur, die wie ein Traum und ein erweitertes Fenster zur Seele erblüht. Das Fehlen auch nur einer Blume würde nicht wohl die gesamte Komposition gefährden. In dieser Hinsicht zeigen Hobbies Arbeiten den Nexus zwischen struktureller Sensibilität und ornamentalen Kunstgriffen, die in ihrem Werk wirken: Einflüsse Hans Holbeins, des deutschen Porträtmeisters der Renaissance und die farb- und detailgesättigte japanische Drucktechnik des Ukiyo-e. Während ersterer die Grundlage für eine Beziehung zwischen Modell und Umgebung legte, indem er Besonderheiten und Möglichkeiten des menschlichen Blicks umriss und die Welt um sich herum aufmerksam prüfte, verleiht das Ukiyo-e Hobbie eine organische Annäherung zwischen Farben und Elementen, Konkretem und Imaginärem. Obwohl auf den ersten Blick unvereinbar, zeigen beide Einflüsse die reiche Verbindung von Aspekten, die in Hobbies Kompositionen eine Rolle spielen. Sie illustrieren, wie Simplizität, in der Kunst und im alltäglichen Leben, oft aus komplexen Zusammenstößen und unerwarteten Annäherungen besteht.
Das semantische Aufbrechen von Hobbies Arbeiten verrät eine grundlegende Tatsache über ihre Poetik. Der Kern der Arbeiten verweist auf die Geschichte des Genres der Portrait Malerei und die Divergenz menschlicher Emotionen. Angesichts der vielen Lesarten eines Portraits können wir ihnen spielerisch mit Sehnsucht, Freude, Begehren und Bewunderung begegnen.
Jocelyn Hobbie New Paintings & Works on Paper
29. APRIL – 12. JUNI 2021