Michael Köster zeigt in seiner Ausstellung in der Galerie Köppe Contemporary eine Werkauswahl, in der Schwarz-Weiß-Fotos dominieren, und die durch suggestive Inszenierungen am Computer charakterisiert ist.
Die Motive der Ausstellung – fast ausnahmslos handelt es sich um Ansichten von Berliner Architekturen – sind in präziser Lichtregie, scharfer Konturierung und in feinsten Hell-Dunkel-Nuancen effektvoll inszeniert. Die Dramaturgie von Licht und Schatten ist ein wesentliches Element zur Steigerung der Bildstimmung. Kösters Formensprache lässt ebenso Einflüsse der Fotografie der Neuen Sachlichkeit erkennen, wie die des Film Noir. Aber auch Assoziationen zur Malerei stellen sich ein beim Betrachten mancher Bildinszenierungen ein, die in ihrer Atmosphäre an die rätselhafte Stimmung von Unbelebtheit und Stille in Pittura-Metafisica-Gemälden erinnern.
Dass die Motive im Laufe des Bearbeitungsprozesses am Computer eine so eindringliche Präsenz entwickeln, liegt unter anderem daran, dass Michael Köster die Bauwerke, auf die er sich konzentriert, isoliert. Sie werden aus ihren realen urbanen Zusammenhängen, in denen sie normalerweise stehen, herausgelöst – den Gebäuden um sie herum zum Beispiel. Der damit einhergehende Verfremdungsprozess wird noch dadurch gesteigert, dass der Künstler seine Motive oft in eine fiktive dunkle bzw. abendliche oder nächtliche Umgebung versetzt.
Hinzu kommt noch, dass oft bestimmte Aspekte ausgeblendet werden, die das Leben einer Metropole wie Berlin charakterisieren – etwa die pulsierende Betriebsamkeit auf den Plätzen und Straßen. Die allgegenwärtigen Menschenmassen und den turbulenten Verkehr sucht man auf den Bildern des Künstlers vergebens. Diese Nichtanwesenheit des sozialen und gesellschaftlichen Lebens der Großstadt ist das wohl auffälligste Merkmal der Fotografien. Selten ist ein Mensch zu sehen in den Werken des Künstlers. Wenn Köster ihn dann doch einmal „lanciert“ in seinen Bildern, dann erscheint der Mensch schemenhaft, anonym und bedeutungslos gegenüber der die Bildkomposition beherrschenden, machtvollen Architektur. Überdies scheint der Mensch keinen Sinn zu haben für sein Umfeld. Er eilt, in sich gekehrt oder den Blick auf das Handy gerichtet, einem unbekannten Ziel entgegen.
Kösters Bilder irritieren nicht nur dadurch, dass sie eine andere Wirklichkeit aufscheinen lassen in Bezug auf unsere alltägliche Erfahrung und Wahrnehmung städtischer Urbanität. Sie faszinieren, aber sie werfen auch – par excellence – Fragen auf, beispielsweise zu Themen wie Identität und Anonymität oder Urbanität und Stadtgesellschaft.
André Lindhorst, Januar 2022
Beitragsbild: MONOLITH I | Berlin, 2017, 70 x 105 cm, Edition: 5 + 1 AP sowie 112 x 150 cm, Edition 3 + 1 AP
Michael Köster – Berlin Visionen
25.01.2022 – 26.02.2022