Malerei oder Fotografie? Thomas Nitz zeigt Essenz in der Galerie Anna25

Malerei oder Fotografie? Eine Frage, die man bei Thomas Nitz am ehesten mit „sowohl als auch“ beantworten müsste.

Denn Thomas Nitz steht zwischen den Stühlen: Seine Fotografien sind keine glatten Motive der Hochglanzmagazine. In ihrer Haptik aus greifbaren Strukturen sind sie der Malerei verpflichtet. Thomas Nitz fotografiert jenseits von Auflagen und Editionen, seine Werke sind einzigartig.

Die Ausstellung Thomas Nitz – Essenz, die vom 03.03. bis 14.04. in der Galerie Anna25 zu sehen ist, setzt sich mit all diesen Facetten im Spannungsfeld Malerei und Fotografie auseinander. Welchen Wert haben Fotografien, die tausendfach verlegt werden? Fotos werden in Massenauflagen zur billigen Mitnehmware oder durch künstliche Limitierung der Abzüge zu exklusiven Sammlerobjekten. Vielleicht ist es die Sehnsucht nach dem Unikat, die den Künstler die Grenzen verwischen lässt.

Thomas Nitz, Mall of Berlin # 1. 2016, analoge experimentelle Fotografie, 37 x 47 cm
Thomas Nitz, Mall of Berlin # 1. 2016, analoge experimentelle Fotografie, 37 x 47 cm

 

Seit 1992 arbeitet der Meisterschüler der Bildenden Kunst an der UdK Berlin als freier Fotokünstler. An seiner speziellen Technik aus Mehrfachbelichtungen feilt er seit rund 10 Jahren. Vor jeder Fotografie steht die Bearbeitung des Untergrunds, bei der malerische Mittel zum Einsatz kommen. Nitz nimmt Aquarellkartons, die er mit Farbe grundiert und mit einer Emulsion lichtempfindlich macht. Das händische Bearbeiten ist die Voraussetzung seiner Werke, denn jeder Karton ist anders, unvorhersehbar für das Ergebnis. Wie der Untergrund bei der Entwicklung der Fotos reagiert, ist nur im Ansatz steuerbar und genau das macht den Wert der Fotografie aus. Die Fotografien sind nicht beliebig wiederholbar und jeder Abzug unterscheidet sich vom anderen.

Thomas Nitz, Steglitzer Kreisel # 1, 2016, analoge experimentelle Fotografie, 37 x 47 cm
Thomas Nitz, Steglitzer Kreisel # 1, 2016, analoge experimentelle Fotografie, 37 x 47 cm

 

Der Wert des Unikats, die Einmaligkeit des Augenblicks, geht mit den gewählten Motiven einher. Die Serie „Kathedralen und Metropolis“ zeigt Shopping-Malls, Kathedralen des Konsums, den Bauboom der Großstadt, Utopie und Niedergang. Statt politischer Aussagen oder dokumentarischer Ansätze, geht es dem Künstler um Empfindungen. Thomas Nitz ist kein Dokumentartist, sondern Übermittler von Eindrücken. Sinnliche Überforderung und Gefühle beim Betrachten, das ist es, was der Fotograf festhalten will.

Thomas Nitz, Stern Center #1, 2017, analoge experimentelle Fotografie, 41 x 41 cm
Thomas Nitz, Stern Center #1, 2017, analoge experimentelle Fotografie, 41 x 41 cm

 

Indem er die mit einer analogen Großbildkamera aufgenommen Bilder immer und immer wieder belichtet, entstehen Überlagerungen und Strukturen. Dieses Flimmern und Schemenhafte, das dem Gefühl beim Betrachten entspricht, ist für Thomas Nitz die Essenz des Motivs und eine Produktionsfläche für den Betrachter. „Impressive Lichtmalerei“, so könnte man die Fotografien nennen, die mit verdichteten Überlagerungen den Betrachter in ihren Bann ziehen. Heute, wo Bilder unendlich reproduziert werden, digital bearbeitet und tausendfach geteilt, spielt die Lust auf das echte, unverfälschte Bild wieder eine Rolle. Kaum ein Tourist verlässt Berlin, ohne ein Bild an einem der der Fotoautomaten gemacht zu haben. Auf Hochzeiten und Events sind Sofortbild-Kameras und Fotoboxen der Hit.

Und das in Zeiten, wo jeder eine hochaufgelöste Kamera im Smartphone in der Tasche hat. Auch hier spielen Einmaligkeit und Authentizität eine Rolle. Dem Thema Sofortbild-Kamera widmet sich Thomas Nitz mit einer traditionellen Straßenkamera, der sogenannten „Afghan Box Camera“, die er selbst gebaut hat. Jeden Samstag von 15 bis 18 Uhr erlaubt der Künstler einen Blick hinter die Kulissen und porträtiert die Ausstellungsbesucher. Die Fotos entstehen direkt vor Ort als Originale, bei denen der Entstehungsprozess im Mittelpunkt steht.

Essenz

03.03. bis 14.04.2017

Galerie Anna25

Schönleinstr. 25
10967 Berlin

Veröffentlicht am: 04.03.2017 | Kategorie: Ausstellungen, Kunst, | Tag: Galerie Anna25, Thomas Nitz,

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