Die in Berlin lebende zeitgenössische Künstlerin Ella Ponizovsky Bergelson wird im März für ihr Projekt “Present Figures – Gegenwartsfiguren” in den Berliner Stadtteilen Reinickendorf, Spandau und Tempelhof drei „hybride Kalligraphien“ im öffentlichen Raum realisieren. Ihre großflächigen Wandmontagen, in denen sich die jiddische, arabische und deutsche Sprache durchdringen, sind von den Ideen der polnischen Philosophin und Dichterin Debora Vogel (1902 Bursztyn – 1942 Lvov Ghetto) inspiriert.
Das Projekt Present Figures entsteht aus der Gleichzeitigkeit ihres künstlerischen Ansatzes, Vogel’s Ideen und dem diskursiven und ästhetischen Kontext, in dem es stattfinden wird. Die Isolation, in der wir uns befinden, in einer schleifenförmigen Wiederholung des Alltags stagniert und dabei zusehend wie sich um uns herum die Katastrophen ausbreiten: die Pandemie, der Aufstieg des Faschismus, die globale Wirtschaftskrise und die Not der Migration. Ella Ponizovsky Bergelson sieht hier eine zeitlose Resonanz in den Worten Vogel’s eindrücklicher Bild-Sprache und zieht Inspiration aus der Art und Weise wie Debora Vogel Poesie auch als Kritik anwendet.
Ponizovsky Bergelson’s „Wandmontagen“ sind, ebenso wie Debora Vogel’s „Montagen“, ein Sprachlabor, in dem Gedichte und Wörter oft als bildliche Gegenstücke zur geometrischen Abstraktion behandelt werden und Formen und Farben die „Seele und Sprache der Dinge“ darstellen. Es ist eine Form der visuellen Poesie, in der die Künstlerin Text unter Verwendung verschiedener abstrahierter Typografie Systeme mehrere Sprachen, hauptsächlich Jiddisch, Deutsch und Arabisch miteinander verwebt.
Ella Ponizovsky Bergelson nennt diese Technik „hybride Kalligraphie“. Durch dieses Prinzip kann eine neue Art von Text, ein Subtext entstehen, bei dem die eigentliche unwillkürliche Lesbarkeit in den Hintergrund tritt. Die energetischen Wortfelder und alphabetischen Bruchstücke widersprechen der Starrheit von Sprache und entziehen sich dem leichten Konsum durch die Lesenden / Betrachter*innen. Die Schriftfelder werden in Kalkfarbe mit schnellen Handstrichen an die Wand gebracht und verblassen und verschwinden mit der Zeit. Der Ansatz dieser Abstraktion wird durch die Überlagerung von Geschichten und Inschriften in der Aktion der Malerei in Echtzeit als unmittelbare Antwort verwirklicht. Die Form wird in Interaktion von Text, Farbe und Ort gefunden.
Indem sich Realitäten und Zeiten überlagern, nimmt der Text eine neue Form an, die die Gleichzeitigkeit von trivialen und lebens- (oder Welt) verändernden Ereignissen unserer heutigen Zeit in den öffentlichen Raum Berlins widerspiegelt.
Mit ihren „vandalistischen Aktionen“ bringt Ella Ponizovsky Bergelson Kunst zurück auf die Straße.
Ella Ponizovsky Bergelson’s “Present Figures – Gegenwartsfiguren”
Orte und Termine
23-24.03.2021
Mussehlstraße 17a, 12101 Berlin-Tempelhof
30-31.03.2021
Seeburger Straße 51, 13581 Berlin-Spandau
Liebe Ella. Provokation gelungen. ❤ lichen Glückwunsch. Das verträumte tempelhof ist wachgeruettelt. Es lebe die Straßenkunst. Alles Liebe Barbara fast 70 Jahre