Kuckei + Kuckei zeigt Gruppenausstellung Rorschach – ein Experiment

Die aktuelle Gruppenausstellung „Rorschach – ein Experiment“ begann als ein ebensolches, mit der Frage, was geschieht, wenn einer Gruppe von Künstlern die Aufgabe gestellt wird mit dem gewohnten Weg der künstlerischen Auseinandersetzung zu brechen?

Welcher Ansatz wäre tauglich um die Künstler, in ihren unterschiedlichen Ansätzen, dazu zu bewegen gewohnte Wege zu verlassen, um etwas Neues zu schaffen? Rorschach war die Antwort. Jeder Künstler wurde vor die Aufgabe gestellt seine eigene Reihe von Klecksographien zu schaffen und daraus folgend damit zu beginnen ein Fragment aus ihnen zu isolieren, eine Form zu modifizieren oder das ihnen Vertraute völlig zu überdenken. Ihre Serie von Klecksographien gab den Künstlern eine Möglichkeit zur Projektion statt wie üblich, bewusst darüber zu entscheiden, wie sie ihren kreativen Prozess vorantreiben.

Der Titel der Ausstellung – Rorschach – leitet sich von einem psychologischen Test ab, der darauf basiert die Deutung sogenannter Klecksographien einer Testperson aufzuzeichnen und mit verschiedenen Methoden zu analysieren. Die Tauglichkeit des Rorschachtest als diagnostisches Mittel ist stark umstritten, aber die faszinierende Wirkung der Klecksographien ist unbestritten. Rorschach – die Gruppenausstellung – geht in vielen Aspekten über den Test hinaus. Die Künstler haben ihre eigenen Klecksographien geschaffen, kommen selbst zu einer Analyse und beginnen schließlich einen Schaffensprozess aus dieser Erfahrung heraus. Es ist vielmehr die Erforschung der eigenen Projektionen und von dort aus die Entscheidung einem bestimmten Weg zu folgen um schließlich zu einem vollkommen neuen Werk zu gelangen.

Die Künstler konnten frei entscheiden wie weit sie sich in ihrem Werk von den Tintenflecken entfernen möchten. Einige, wie beispielsweise Matten Vogel, unternahmen unterschiedlichste Versuche und schufen nahezu laborartige Situationen, immer im Wechselspiel von Techniken und Ideen. Schließlich hat er eine Arbeit geschaffen, die vermutlich am weitesten entfernt von den Klecksographien ist, aber bei genauer Betrachtung eng verknüpft mit der Idee der Dualität, die sich in den Tintenflecken findet.

 

Anja Nitz´ Arbeiten erhalten ihre zerbrechliche Qualität nicht allein von dem Glas auf dem sie gedruckt sind, sondern auch von ihrer Entscheidung Form und Struktur ihrer ersten Klecksographien zu erhalten und eine zweite Bildinformation einfließen zu lassen. Aus der Entfernung gesehen bilden die Arbeiten eine Sammlung, geschaffen um uns zu erlauben Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Gruppe zu beobachten. Aus der Nähe werden dann die zweiten Bildwelten deutlich dominanter und enthüllen teilweise sogar ihren Ursprung.

Die zurückgeworfene Reflektion war einer der ersten Gedanken, die Michael Laube beschäftigten, als er mit der Arbeit an den Klecksen begann. Seine Arbeit folgt zwar der organischen Form der Tinte, jedoch sobald die Übertragung ins Acrylglas geschieht verhärten sich die Formen und die Spiegel werfen unerbittlich den Blick zurück. Wenn ein Betrachter sich vor der Arbeit bewegt, werden die spiegelnden Flächen durch Reflektionen von unten unterbrochen und orientieren sich dabei an den Durchdringungen der Spiegelfläche selbst.

Peter K. Kochs animiertes Video folgt einem gänzlich anderen Ansatz als die anderen Arbeiten in der Ausstellung. Seine Arbeit ist schnell und es ist schwer ihr zu folgen. Sobald das Auge sich an einen Bild festgebissen hat, folgt schon das nächste. Text, geometrische Formen und Farbe formen einen Malstrom aus Informationen. Kochs Arbeit wägt vorsichtig die verschiedenen Rorschach Grundsätze, wie Dualität, Projektion und Interpretation ab.

Miguel Rothschilds Beitrag führt einen weiteren Aspekt in die Ausstellung ein. Ausgehend von der Klecksographie überträgt er die Spuren der Tinte auf Sicherheitsglas und schafft darin schließlich feine Risse. Diese feinen Risse sind nur bis zu einem gewissen Maß kontrollierbar, allerdings begrüßt Rothschild den Zufall und hält es für unnötig an der perfekten Form festzuhalten, stattdessen sieht er zusätzlichen Wert im Unterschied.

Oliver van den Bergs Arbeit basiert auf purem Zufall in ihrem ersten Schritt. Eine Gussmasse wird in einen abgegrenzten Bereich ausgegossen und übernimmt die Funktion der Tinte und all ihrer Folgen auf dem Papier. In einem zweiten Schritt formt er ein identisches Gegenstück und schafft so eine Arbeit, die vor allem Fragen wie Originalität, Echtheit und Dualität behandelt.

Mit ihrer für diese Ausstellung entstandenen Arbeit wendet sich Nikola Röthemeyer ab von ihrer traditionellen Arbeitsweise. Ausgehend von ihren Klecksographien beginnt sie die Zeichnung ohne eine konkrete Bildidee. Die Zeichnung kann sich frei auf dem Papier entfalten und damit eine „Innere Landschaft“ abbilden, die als Ergebnis der Analyse gesehen werden kann. Trotz der Aufgabe der Kontrolle ist sie sich der ständigen Spannung und kritischen Balance zwischen Logik und Intuition, zwischen rechter und linker Gehirnhälfte, bewusst.

Lilly Lulays Arbeit beschäftigt sich ebenfalls mit dem Konzept von Original, Verdopplung und Dualität. Ohne zu viel preiszugeben erforscht sie den Abdruck und seine Folgen als Teil ihres Beitrags zur Ausstellung.

„Rorschach – ein Experiment“ will dazu auffordern mit den unsichtbaren Beschränkungen der Gewohnheit zu brechen, den Schritt ins Ungewisse zu wagen, die Kontrolle für den Moment aufzugeben und mit einer Idee, die aus einem glücklichen Zufall geboren wurde, neu zu beginnen.

Rorschach – ein Experiment

17.6. – 22.7.2017

Kuckei + Kuckei

Linienstr. 158
10115 Berlin

Veröffentlicht am: 16.06.2017 | Kategorie: Ausstellungen, Kunst, | Tag: Kuckei + Kuckei,

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