Kunstleben Berlin Kolumne von Ludwig Graf Westarp. In dieser Ausstellung „Reflecting Migration“ zeigen die Teilnehmenden Künstler*innen von Fresh A.I.R. ihre Werke, indem sie sich mit folgenden Fragen beschäftigen: Wie werden kulturelle Differenzen in der Gegenwart verhandelt? Was kann man tun, um die Entfaltung vielfältiger Lebensstrategien im städtischen Raum zu unterstützen?
Für ein halbes Jahr lebten und arbeiteten zwölf Kunstschaffende aus zehn Ländern in der direkten Nachbarschaft zur URBAN NATION in Künstlerresidenzen in Berlin. Alle entstandenen Kunstwerke sind im Bereich der Urban- und New Contemporary Art angesiedelt – besonders eindrucksvoll die Arbeiten von Ecaterina Stefanescu.
Die in Rumänien geborene Architekturdesignerin und Künstlerin lebt im Vereinigten Königreich. In ihren künstlerischen Projekten nutzt Stefanescu den Schaffensakt als Werkzeug zur Erkundung und Untersuchung und fertigt Modelle, Collagen und Zeichnungen an, die sich mit Orten und Kulturen befassen.
„Rooms“ ist ein Kunst- und Forschungsprojekt, mit dem Stefanescu das Leben von Migrantinnen und Migranten erforscht, indem sie intime Nachbildungen ihrer Wohnräume und Besitzgegenstände in Form von Papiermodellen erstellt. Stefanescu interessiert sich für die Grenzidentität der Eingewanderten und wie diese in deren materieller Kultur zum Ausdruck kommt. Ihr Projekt konzentriert sich auf Einwanderer aus Osteuropa und befasst sich mit den Wohnräumen, die sie vorübergehend bewohnen sowie mit den Gegenständen, mit denen sie sich während ihrer Migrationserfahrung umgeben.
Papier als Medium ist empfindlich und taktil. Es ermöglicht detaillierte Nachbildungen und steht zugleich auch für die den Bedingungen innewohnende Vergänglichkeit.
Im Projekt dient das Modell als Werkzeug. Es ermöglicht Beobachtung, Dokumentation und Engagement – eine zeitintensive Methode, die Potenzial hat, nicht nur Interesse für, sondern sogar Teilnahme am Leben der Menschen zu erzeugen, die von der breiten Gesellschaft oftmals nicht gesehen oder ignoriert werden. Diese Form der Repräsentation verwandelt die einfachen, gewöhnlichen Räume in Objekte der Schönheit und Atmosphäre und fördern so Zugang und Partizipation. Dies gilt für die Eingewanderten, die Künstlerin sowie die Betrachter und Besucher*innen der Ausstellung, die noch bis zum 31.07.2022 dienstags bis sonntags von 11.00 – 18.00 Uhr in der Bülowstraße 90 in Berlin Schöneberg gesehen werden kann.