Es liegt schon ein paar Tage zurück, als auf der Berlin Art Week vor den Uferhallen über den Green Deal der Kultur gesprochen wurde. Mit dabei Elke Buhr, Chefredakteurin von Monopol, Dr. Carsten Brosda (Senator der Behörde für Kultur und Medien Hamburg), Lena von Goedeke (Künstlerin), Prof. Peter Gorschlüter (Direktor Museum Folkwang) und Dr. Stephan Muschick (Geschäftsführer E.ON Stiftung).
Wir wollen das Thema hier noch einmal aufgreifen, wissend, dass der Kunst- und Kulturbetrieb beim Klimaschutz auf der einen Seite schon deutlich weiter ist, als das in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, auf der anderen Seite viel Potential bisher ungenutzt ist. Denn zu behaupten, dass die Kunstbranche eine Vorreiterrolle einnimmt, ist zu hoch gegriffen. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf das, was schon umgesetzt wurde oder in Planung ist.
So kam beim gut besuchten Podiumsgespräch vor den Uferhallen auch schnell die Sprache auf den Offenen Brief, der 2019 von Direktor*innen führender deutscher Kunstmuseen initiiert, an die damalige Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Prof. Dr. Monika Grütters gegangen ist. Im Brief forderten sie, unterstützt von vielen renommierten Künstler*innen und Wissenschaftler*innen, ein ambitionierteres Umsetzen von Klimaschutzmaßnahmen – eben auch in der Kulturpolitik. So heißt es unter anderem:
Wir fordern deshalb eine zentrale Taskforce, die sich einzig den klimapolitischen Herausforderungen in Museen und anderen öffentlichen Ausstellungshäusern widmet sowie zwischen Länder- und Bundesebene sowie zwischen Ministerien und Museen vermittelt. Sie sollte die Museen beraten, gemeinsam mit ihnen konkrete Ziele formulieren und zügig einen Maßnahmenkatalog für einen nachhaltigeren öffentlichen Kunstbetrieb erarbeiten.
Auf dem Podium war man sich einig, dass es nicht nur bei dem Brief geblieben ist, sondern dass das Thema Nachhaltigkeit durchaus in der Mitte des Kunst- und Kulturbetriebs angekommen ist. Das belege unter anderem die Gründung des Aktionsnetzwerks Nachhaltigkeit – eine spartenübergreifende Anlaufstelle für das Thema Betriebsökologie im Bereich Kultur und Medien. Natürlich gibt es nach wie vor viele offene Fragen, sind politische Randbedingungen zu klären und alle in der Runde stimmten zu, dass zum Beispiel die Frage nach der CO2 Neutralität von Theatern angesichts der aktuellen Ereignisse gerade ein wenig in den Hintergrund tritt und dass es leider nach wie vor jene gibt, „die den Schuss nicht gehört haben“. Aber schauen wir zunächst auf das, was angestoßen oder realisiert ist.
Carsten Brosda erzählte, dass es in Hamburg mittlerweile eine Vereinbarung zwischen elf Museen und der Stadt gibt und dass die Kunsthalle bereits ein Drittel an Energie eingespart hat. “Die Phantasie, etwas zu verändern, ist da”, sagte er. Und es gehe weniger darum zu fragen, wie man das, was man bisher im Kunstbetrieb gemacht hat, nun klimaneutral hinbekommt, sondern sich zu fragen: “Was muss ich komplett kippen? Und wenn sich die Kunst damit nicht beschäftigen würde, würde ich mir Sorgen um die Kunst machen”, so Brosda.
Prof. Peter Gorschlüter setzt stattdessen auf die Kunstcommunity und war der Ansicht, dass man den Künstler:innen nicht reinreden sollte, sondern dass der Wandel automatisch kommen wird. Gleichzeitig ist ihm bewusst, dass man eigentlich nicht mehr abwarten kann. Seine Idee: Den Museumsbetrieb grundsätzlich klimaneutraler gestalten, indem Nachhaltigkeitskriterien implementiert werden. Wie arbeiten Zulieferer? Gibt es wiederverwendbare Wandsysteme? Kann man eine Arbeitsgruppe für Nachhaltigkeit bilden? All das wären seiner Ansicht nach fruchtbare Ansätze.
Sein Credo: Selbstverständlichkeiten hinterfragen und damit einsparen.
Natürlich steht damit die Frage im Raum, die Elke Buhr vom Monopol Magazin dann auch formuliert wurde: Gibt es eine Angst davor, dass zukünftig weniger Ausstellungen stattfinden können? Wie kann man das eine tun, ohne das andere fallenzulassen?”
Eine Antwort hatte die Künstlerin Lena von Goedeke, die dafür plädierte, auf Kreisläufe aufmerksam zu machen, mehr auf regionaler Konzepte zu setzen und grundsätzlich daran zu arbeiten, dass bei allem ein Umdenken stattfinden muss. Was sie sagte, klang plausibel, warf allerdings gleich die nächste Frage auf, nämlich was dann mit dem internationalem Kunstbetrieb passiert. Bleibt der nicht auf der Strecke? War und ist nicht gerade die neue Globalität der Kunst das, worauf alle stolz sind? Wohlwissend auch, dass gerade das die Emissionen fördert?
Es war Peter Gorschlüter, der den Faden aufnahm und feststellte, dass es sicher noch einiges auf dem Weg zu einem klimaneutralen Kunstbetrieb zu tun hingibt, wir uns aber davor hüten sollten, Stellvertreterdebatten zu führen. Er selbst glaube nicht an eine Deglobalisierung, eher an eine Verschränkung – manche würden aus dem eigenen Land “herausschauen, andere regional arbeiten und mit ihren Arbeiten auch Probleme behandelt, die es international auch gibt”. Leider fehlten seiner Ansicht nach für diese Konzepte die passenden Institutionen.
Dr. Stephan Muschick warf ein, dass Förderer oder Stiftungen ein guter Anlaufpunkt für solche Ideen wären, dass es ja bereits auch Künstler:innenförderprogramme mit dem Fokus auf diesen Aspekt gäbe, wie bei der diesjährige Manifesta in Pristina (LINK) und dass für die Manifeste 2026 im Ruhrgebiet ähnliches geplant sei. Für ihn braucht es beides: Veränderungen auf der institutionellen sowie auf der individuellen Ebene.
Zum Abschluss der Veranstaltung bekam Lena von Goedeke die Gelegenheit, ein bisschen was über ihr neues Kunstprojekt zu erzählen. Sie arbeitet mit dem Werkstoff Olivin, der CO2 dauerhaft speichern kann und verbindet so das Künstlerische mit dem Nützlichen: Skulpturen, die CO2 binden und damit mehr sind, als Kunst sonst kann, nämlich selbst ein Beitrag zur Einsparung von schädlichen Emissionen zu leisten. Sicher nichts, was in großem Stil umsetzbar ist, aber zumindest ein spannender Ansatz, mit dem die Künstlerin neben ihren anderen Werken auf das Thema Klimaveränderung aufmerksam macht.