In den Arbeiten der 1960er Jahre jongliert Joachim Gutsche (1926–2012) zwischen Abstraktion und Figuration. Die klaustrophobisch-dichten, explosiv-bunten Bildräume, auseinander gerissene Augen, Körper, die zerfetzt werden, greifen persönliche Schicksalsschläge des Künstlers, insbesondere seine Haft in einem DDR-Arbeitslager von 1954 bis 1956, auf. Das verbindende, ja „schützende“ Element in den Folgejahren bleibt für ihn die Malerei. So schreibt er 1974:
„(…) Materialbewusst – oder am liebsten schon zu Lebzeiten im Material aufgehen? Eins sein mit ihm? In ihm untertauchen? Oder vielleicht nur als Schutzwall mit ihm gegen die individuellen Wünsche oder Angriffe anderer?“
Seine facettenreichen Gemälde können ohne Frage in den künstlerischen Entwicklungen der 1960er und 70er Jahre situiert werden – in der Hinwendung zum Abstrakt-Gestischen und den kindlich-figurativen Elementen vor allem mit den Gruppen SPUR und CoBrA.
Es gilt die 2G+ Regel
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
Datum: 28.01.2022 – 28.03.2022
Der Künstler Joachim Gutsche
1926 Zwickau – 2012 Berlin
Joachim Gutsche erlernte in den Jahren des Zweiten Weltkriegs den Beruf des technischen Zeichners, bis 1945 absolvierte er den Kriegsdienst, 1946 kam er in die britische Gefangenschaft, danach arbeitete er als technischer Zeichner in der Crossener Papierfabrik. 1950 besuchte er die Malklasse der Robert-Schumann-Akademie in Zwickau und nahm daran anschließend ein Studium der Malerei an der West-Berliner Hochschule für bildende Künste auf. Dort studierte er bei den Malern Hans Uhlmann, Hans Jaenisch, Hans Kuhn und Bernhard Dörries.1959 schloss er sein Studium erfolgreich ab, von 1960-1963 war er Mitarbeiter für Farbgestaltung und Kunst am Bau bei Bernhard Dörries.
Ein Erlebnis veränderte sein Leben und Schaffen weitreichend. 1953 hatte der aus Zwickau stammende Künstler seinen Pass an Kommilitonen verliehen, die in Ost-Berlin Fotogeräte kauften. Danach wurde die Stasi auf ihn aufmerksam. 1954 kam er für 26 Monate ins Haftarbeitslager Dresden-Klotzsche. Danach glaubte er, dass man ihn verfolge und vergiften wolle. Es folgten produktive Arbeitsperioden, die sich mit psychischen Zusammenbrüchen abwechselten. Joachim Gutsche arbeitete Zeit seines Lebens in Abgeschiedenheit.
Seine Arbeiten wurden in Einzelausstellungen wie der Kunstschau im Paula Modersohn-Becker-Haus in Bremen 1964, im Bildungszentrum in Gelsenkirchen 1974, in der Berliner Galerie Wertheim 1977, in der Rathaus-Galerie in Berlin-Neukölln 1981 sowie in Gruppenausstellungen wie der Großen Berliner Kunstausstellung 1960, in den „1. Mai-Salons“ im Haus am Lützowplatz 1974, 1981 und 1983 oder in „Malerei Materialbilder“ im Haus am Kleistpark 1982 gezeigt. In posthumen Einzelausstellungen waren seine Bilder in „Obsessive Poesie“ in der Galerie Hauff & Auvermann in Berlin 2014 und „Gebrochene Identität“ im Kunsthaus Dahlem 2016 zu sehen.