Wer sich als Künstler*in je für ein Stipendium beworben hat, weiß, dass der Aufwand recht hoch ist und man stets einer oder eine unter vielen Bewerber*innen ist. Umso größer dann natürlich die Freude, wenn es klappt und man die Förderung bekommt. Aber das ist eben leider die Ausnahme.
Der Berliner Senat hat 2019 elf in Berlin lebende und arbeitende Künstler*innen mit einem Stipendium gefördert. Die Fördersumme betrug 18.000 Euro – ein stattliches Einkommen für Berliner Kunstverhältnisse, wo der Durchschnittsverdienst bei den meisten weit unter 15.000 Euro pro Jahr liegt. Klammer der Förderung war „Die Sinnstiftung der Kunst im Jetzt“, zu sehen sind die Arbeiten noch bis zum 3. Mai 2020.
Bei Förderungen – egal von wem sie kommen, schlagen immer zwei Herzen in meiner Brust. Das eine sagt: „Hey, super Sache! Können sich die Künstler*innen wenigstens ohne Geldnot auf ihre Arbeit konzentrieren.“ Und gerade, wenn es darum geht, Gesellschaftsthemen in den Fokus zu rücken, die sich, künstlerisch umgesetzt, meist nicht so verkaufen lassen, wie andere Werke, finde ich solche Förderungen enorm wichtig. Vor ein paar Tagen hat der Hamburger Kultursenator, Carsten Brosda, in einer Rede an die zentrale Rolle, die Kunst im gesellschaftspolitischen Diskurs einnimmt, erinnert. Und daran, dass es eben momentan in der Kulturpolitik auch um mehr geht, als darum, nur Förderungen hin und herzuschieben. Dass es gerade die Freiheit der Kunst ist, die erhalten werden muss.
Und genau bei diesem Argument springt die andere Seite meines Herzens an und wirft die Frage in den Ring, ob die Freiheit denn überhaupt noch gewährleistet ist, wenn es einen Sponsor oder einen Mäzen gibt. Ist man dann als Künstler*in wirklich frei? Oder nagt nicht unterbewusst doch das kleine Teufelchen „Anspruch“ an der Arbeit? Schließlich muss man ja was zustande bringen, will gefallen oder den – vielleicht unausgesprochenen – Erwartungen des Geldgebers gerecht werden. Ich kann nicht sagen, wie das ist, denn ich war noch nie in der Situation. Ich finde jedoch, dass es auch in Hinblick auf die Diskussion um das „Bedingungslose Grundeinkommen“ eine interessante Frage ist. Viele Künstler*innen, die ich kenne, können nicht arbeiten, wenn sie unter Druck sind und Geld kann, das wissen wir alle, Druck erzeugen.
Und was ist überhaupt, wenn die Förderung ausgerechnet von einer Seite kommt, die die Freiheit der Kunst von Hause aus einschränken will? Geht dann Geld vor Moral?
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich zu keiner eindeutigen Haltung finde. Aber auch das ist ja eine Kunst – Ambivalenz und Unterschiede auszuhalten. Das ist ja gerade das, was uns Kunst auch immer wieder lehrt. Wie denkt Ihr darüber? Seid Ihr frei, wenn das Geld von einem Sponsor, einem Mäzen kommt?
Ausstellung der Stipentiat*innen im:
n.b. k., Chausseestr. 128/129. Bis 3. Mai, Di–So 12–18/Do bis 20 Uhr. Eintritt frei. Begleitprogramm /Podien/Lesungen: www.nbk-org
Stipendien-als-Lohn-Ersatz Kräfteverschleiß. “Künstler, die gefördert werden, sind im kleinsten gemeinsamen Nenner aller Juroren. Das ist selten Kunst”, sagte ein Mitarbeiter eines Kultusministeriums. Juroren erzählten über Aggressivität anderer Juroren, die Stipendien für Klienten erkämpfen. Juroren erzählten, dass sie eingereichte Arbeiten für Preise nominiert hätten, falls – sie sie gekannt hätten. Es gibt Vorjuroren, einer sagte: “Was gefördert wird, entscheide ich!” Künstler fordern seit 30 Jahren Grundvergütungen nicht kommerzieller Nutzungen im Öffentlichen Raum! Grundproblem: Politiker als Entscheidungsträger erhalten jeden Monat hohe Geldbezüge, egal, was sie erarbeiten, es demotiviert, Probleme dieser Art zu lösen, “System das funktioniert, funktioniert”, sagen Politiker. Künstler schweigen. Wer aufbegehrt, wird verschwiegen.