Edit: Die Eröffnung wurde verschoben bis mindestens zum 19. April.
Isa Melsheimer: Der unerfreuliche Zustand der Textur – Einzelausstellung, Maschinenhaus M2, KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst
In ihrer Einzelausstellung “Der unerfreuliche Zustand der Textur” präsentiert die Künstlerin Isa Melsheimer verschiedene Werkgruppen aus den letzten Jahren, darunter Betonskulpturen, Keramiken, Textilarbeiten und Gouachen sowie die in ihrem Werk bisher einzige Videoarbeit Wasserballett für Marl (2017). Die Ausstellung wird kuratiert von Kathrin Becker.
Melsheimers künstlerischer Kosmos kreist um architektonische und urbane Themen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Architektur der Moderne und Postmoderne und den ihnen zu Grunde liegenden Auffassungen von Mensch, gebautem Raum, Natur und Gesellschaft. Inspiration für ihr Werk sind literarische Quellen, Filme, Elemente der Populärkultur und wissenschaftliche Texte. Darunter auch das Buch “Unruhig bleiben” der amerikanischen Wissenschaftstheoretikerin und Feministin Donna J. Haraway, die im Zeitalter des Chthuluzän für das Leben auf der zerstörten Erde die Notwendigkeit neuer Verwandtschaften und Interferenzen zwischen Mensch, Maschine, Tier und Pflanze voraussieht.
Ausgehend von drei Walherzen aus Keramik, die unter dem Eindruck eines Stipendienaufenthaltes auf der neufundländischen Insel Fogo entstanden sind, entspinnt sich in der Ausstellung im KINDL eine große Erzählung, die einzelne Werkgruppen über spezifische Teilaspekte verbindet. Randerscheinungen innerhalb der Moderne wie die Architekturutopien des japanischen Metabolismus – einer Bewegung der späten 1950er und 1960er Jahre, die die Fusion von Architektur und biologischem Material vorsah – oder der in der Öffentlichkeit lange Zeit negativ konnotierte, erst jetzt wiederentdeckte Brutalismus werden in modellhausartigen Skulpturen aufgegriffen, durchdacht und kommentiert. Auch der Postmodernismus wird zum Gegenstand differenzierter Auseinandersetzung. Der Ausstellungstitel “Der unerfreuliche Zustand der Textur” (engl. Predicament of Texture) zitiert eine Kapitelüberschrift aus Collage City (1978), einer kritischen Schrift von Colin Rowes und Fred Koetters zur modernistischen Stadtplanung und ihrem „Total-Design“-Ansatz. In ihrer Installation Tea and Coffee Piazza d’Italia in Post-Katrina Times (2013) geht die Künstlerin auf Distanz zur Postmoderne und lässt sie in den Teekannen und Zuckerdosen des Tea and Coffee Piazza-Projekts der Firma Alessi scheitern.
Immer ist Isa Melsheimers Blick ein gegenwärtiger: In der Ausstellung bringt sie unterschiedliche Diskurse aus verschiedenen Zeiträumen zusammen, um sie aus heutiger Perspektive miteinander zu verknüpfen, zu hinterfragen und damit den Wandel innerhalb unserer Gesellschaft sichtbar zu machen.
Bild: Isa Melsheimer: Wasserballett für Marl, 2017, Videostill © Courtesy: Isa Melsheimer & Esther Schipper, Berlin
Datum: 22.03.2020 – 6.07.2020