Mit der Ausstellungsreihe im Atelier Liebermann wird der zeitgenössischen Kunst im Max Liebermann Haus mehr Bedeutung zugemessen. Zweimal im Jahr stellt ein aktueller Künstler seine Studioarbeiten aus. Dieses Jahr geht es um das Werk von Wolfgang Petrick. Als Kulturstiftung der Berliner Sparkasse widmet sich die Stiftung Brandenburger Tor mit einem ihrer Schwerpunkte dem Andenken an Max Liebermann und knüpft mit der neuen Reihe an die gestalterische Kraft an, die für lange Zeit von diesem Haus ausging…
Max Liebermann wohnte seit 1892 mit seiner Familie in seinem Elternhaus am Pariser Platz und ließ sich über seiner Wohnung im zweiten Stock vom Architekten Hans Grisebach ein Atelier errichten. Mit seinem gewölbten Glasaufbau zur Tiergartenseite hin wirkte das Atelier wie ein modernes Gewächshaus auf dem Dach des Hauses. Das Atelier war im Gegensatz zu den kostbar inszenierten Ateliers der Künstlerfürsten Lenbach und Stuck nur sparsam mit eigenen Werken und denen geschätzter Vorbilder möbliert. Hoch oben, neben dem Brandenburger Tor und über dem Pariser Platz, signalisierte das Atelier weithin sichtbar: Hier lebt und arbeitet Max Liebermann. Aus dem vornehmen Wohnhaus war ein modernes Künstleratelierhaus geworden. Zahlreiche Gäste aus ganz Europa gingen hier ein und aus. Und es war jener Ort, an dem Max Liebermann seine zentralen bildnerischen Werke schuf. Atelier und Haus wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Mit der Ausstellungsreihe im Atelier Liebermann (vom Beirat Wulf Herzogenrath kuratiert) erinnern wir im wieder aufgebauten Max Liebermann Haus an diesen Ort des Schaffens. Zeitgenössische Künstler erlauben einen Blick in das ansonsten für das breite Publikum verschlossene Atelier und rücken damit den künstlerischen Entstehungsprozess in den Mittelpunkt.
Die Ausstellung im Atelier Liebermann: Wolfgang Petrick. Go(o)d Speed ist nach Daniel Richter/Jack Bilbo im Frühjahr 2017 die zweite in dieser Reihe. Wolfgang Petrick gibt einen Einblick in sein aktuelles Schaffen, zeigt aber auch einige ältere Arbeiten, die sich mit dem Thema Bewegung auseinandersetzen. Malerei, Zeichnung, Skulptur, Druckgrafik, Fotografie, die Werkgrenzen sind hier fließend, die Techniken vermischen sich, wachsen ineinander. Objekte und Bilder werden übermalt und weitergezeichnet, ergänzt und angestückt. Die Grenze zwischen Leinwand und Skulptur löst sich in Assemblagen genauso auf wie diejenige zwischen Kunstwerk und Betrachter bei den großen Anamorphosen, in deren Spiegelzylindern man selbst zum Teil der Arbeit wird. Auch die Gemälde haben diese Wirkung. Sie ziehen den Betrachter in einen Bildstrudel hinein, animieren ihn, die Werke durch Bewegungen des eigenen Körpers zu erschließen und auf diese Weise immer wieder neue Schichten und Bedeutungsebenen zu freizulegen.
Wolfgang Petrick
Wolfgang Petrick, Jahrgang 1939, studierte zunächst Biologie, wechselte dann aber an die Hochschule der Künste Berlin und wurde Meisterschüler bei Werner Volkert. Gemeinsam gründete er mit Karl Horst Hödicke, Bernd Koberling, Markus Lüpertz und Peter Sorge 1964 die Ausstellungsgemeinschaft „Großgörschen 35“ in Berlin, die erste Produzentengalerie in Deutschland.
1969 erhält Petrick den Preis der Malerei der Stadt Wolfsburg, zwei Jahre später führt ihn das Stipendium Cité des Arts nach Paris, 1972 erhält er die Goldmedaille der 3. Biennale Internationale della Grafika in Florenz. Mit weiteren Westberliner Künstlern, darunter auch einigen ehemaligen Mitstreitern von „Großgörschen 35“, schließt sich Wolfgang Petrick 1972 zu der Gruppe Aspekt zusammen, die die Ideen des Kritischen Realismus weiterführt und bis 1978 besteht. Von 1975 bis 2007 war er Professor an der Hochschule der Künste in Berlin. Seit 1993 ist er Mitglied der Akademie der Künste Berlin.
Wolfgang Petrick arbeitete lange Zeit in New York und Berlin. Heute hat er seinen Lebensmittelpunkt wieder ganz zurück an die Spree verlagert.
5. Oktober bis 2. November 2017
Datum: 5.10.2017 – 3.11.2017