Zum Abschluss der Jubiläumsreihe ist der Verein der Berliner Künstlerinnen 1867 e. V. auf der Spandauer Zitadelle zu Gast und präsentiert 22 künstlerische Positionen in der Alten Kaserne.
Die 1861 erbaute und erst kürzlich sanierte Kaserne wird seit 2016 für Ausstellungen genutzt und bildet als militärischer Funktionsbau für die Ausstellung des VdBK 1867 e. V. einen eindrucksvoll kontrastierenden Rahmen. Denn die Ausstellung widersetzt sich allem Willen nach Ordnung. Sie zeigt Arbeiten von Künstlerinnen unterschiedlicher Generationen in bemerkenswerter ästhetischer, thematischer und medialer Breite. Die Künstlerinnen eint das Ziel, Arbeiten von Frauen in der Kunst in stärkerem Maße öffentlich sichtbar zu machen.
Paula Anke, Tania Bedriñana, Monika Brachmann, Alke Brinkmann, Silvia Klara Breitwieser, Bettina Cohnen, Hannah Dougherty, Margareta Hesse, Sabine Herrmann, Michelle Jezierski, Friederike Klotz, Gaby Krawinkel, Isa Melsheimer, Ann Noël, Emerita Pansowová, Heike Ruschmeyer, sibylle von preussen, Susanne Schirdewahn, Caro Suerkemper, Gäste: Heike Baranowsky, Lucy Teasdale, Gloria Zein
Provokant und zugleich hintersinnig zeigen Caro Suerkempers plastische Arbeiten verrenkte, ineinander verschlungene Körper, die zwischen Gewalt und Begehren oszillieren, während Tania Bedriñana Verletzlichkeit durch die Fragmentierung des Körpers in einer Wandinstallation verstörend wie spielerisch inszeniert. Heike Ruschmeyer thematisiert Tod und Gewalt eindringlich in ihrer auf der Grundlage forensischer und kriminologischer Fotos basierenden Malerei. Ein Gemälde Monika Brachmanns hingegen eröffnet, symbolisiert durch Schuhe, einen weiten und durchaus heiteren Assoziationsraum über familiäre Beziehungen. Alke Brinkmann verbindet als Malerin persönliche Nähe mit politischen Brüchen, wenn sie sich mit der faschistischen Vergangenheit ihrer Großmutter auseinander setzt, und Bettina Cohnen hat militärische Reenactments begleitet, um sie fotografisch zu inszenieren.
Von menschlichen Eingriffen in die Natur sind die Arbeiten Gaby Krawinkels angeregt, während Hannah Dougherty Natur mit postindustriellen Lebensformen konfrontiert und in eine surreale Bildsprache überführt. In einer écriture automatique entstehen Susanne Schirdewahns Tageszeichnungen als rätselhaft figürliche Narrationen. Ann Noël, im Fluxus verankert, agiert künstlerisch in unterschiedlichen Medien und schlüpft in stets neue Rollen. Fokussiert auf die französische Aufklärung ist das Interesse sibylle von preussens: ihre Scherenschnitte sind sensible Übersetzungen von Ornamenten des Voltaire-Zimmers in Sanssouci.
Mit Emerita Pansowová ist eine klassische Bildhauerin in der Ausstellung vertreten, deren figürliche Bronzen sich als geschlossene Formen statuarisch präsentieren. Lucy Teasdale legt kunstgeschichtliche Vorlagen und mediale Bilder zugrunde, um Kompositionen wie Bewegungsabläufe abstrahiert ins Skulpturale zu transformieren.
Als sensible Beobachterin gesellschaftlicher Prozesse eröffnet Gloria Zein Möglichkeitsräume durch pointierte Perspektivwechsel. Isa Melsheimer befasst sich in ihren komplexen wie poetischen Installationen mit architektonischen, städtebaulichen und sozialen Aspekten urbaner Lebensräume und Friederike Klotz entwickelt futuristische Räume, um Fragen nach Utopie und Dystopie aufzuwerfen. Heike Baranowsky setzt sich gezielt mit den medialen Bedingungen von Fotografie und Video auseinander. Durch die Projektion einer Performance aktualisiert Paula Anke ein Gemälde Alexander Camaros. Michelle Jezierski unterzieht das Landschaftsbild einer künstlerischen Analyse und Margareta Hesse erweitert die Bedingungen von Malerei, indem sie die Leinwand durch transluzente Materialien ersetzt und farbige Lichträume entstehen lässt.
Zwei Künstlerinnen formulieren ihre Erinnerung an wegweisende Frauen sprachlich. Als beidhändig ausgeführte Zeichnung, gekritzelt und sich überlagernd, hat Sabine Herrmann Namen von Künstlerinnen in den lichten Farbraum eines Gemäldes eingefügt und Silvia Klara Breitwiesers Schild mit dem Schriftzug „Marianne Werefkin“ weist bereits vor dem Eingang zur Alten Kaserne auf eine bedeutende Künstlerin des frühen 20. Jahrhunderts hin – jene Namensgeberin des im zweijährigen Rhythmus vom VdBK 1867 e. V. verliehenen Preises.
Alle Künstlerinnen des VdBK 1867 e. V. sind von Studentinnen und Studenten der Ostkreuzschule Berlin in ihren Ateliers fotografiert worden; diese Arbeiten werden in der Alten Kaserne Berlin gezeigt.
Beitragsbild: Lucy Teasdale, The Mustering, 2016, Foto: Gunter Lepkowski /Courtesy Galerie Born
Begleitprogramm
Rundgang: Donnerstag, 18. Januar 2018, 18 Uhr; Künstlerinnen der Ausstellung im Gespräch mit Dr. Claudia Beelitz
Vortrag: Donnerstag, 1. Februar 2018, 19 Uhr; Prof. Dr. Wolfgang Ruppert: Künstlerinnen und Künstler im Nationalsozialismus
Konzert: Dienstag, 27. Februar 2018, 19 Uhr; Huijing Han spielt Klavierwerke von Maria Szymanowka und Ruth Zechlin; Zitadelle Berlin, Gotischer Saal
Führung durch die Ausstellung,17. März 2018, 14 Uhr
Filmscreening: Donnerstag, 22. März 2018, 19 Uhr; Shelly Silver: 37 Stories About Leaving Home anschließend Diskussion mit Shelly Silver (in englischer Sprache)
Fortsetzung jetzt!
30. November 2017 bis 2. April 2018
Zitadelle Berlin
Alte Kaserne
Am Juliusturm 64
13599 Berlin