Valentina Murabito – La donna del mare
Valentina Murabito entführt bei 68projects by KORNFELD in eine faszinierende Welt, in der Mythologie, Natur und Fotografie auf außergewöhnliche Weise verschmelzen.
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Im November eröffnet der Gropius Bau die erste große Ausstellung Zanele Muholis in Deutschland. Zanele Muholi bezeichnet sich selbst als visuelle*r Aktivist*in und wurde in den frühen 2000er Jahren mit Fotografien bekannt, die Geschichten von Schwarzen lesbischen, schwulen, bisexuellen, queeren, trans* und inter* Menschen in Südafrika und darüber hinaus erzählen. Die Ausstellung im Gropius Bau zeigt die ganze Bandbreite von Muholis Schaffen und versammelt mehr als 200 Fotografien: von der ersten Werkreihe Only Half the Picture bis zur aktuellen Serie Somnyama Ngonyama. Muholis Arbeiten befassen sich mit Sexualpolitik, rassistischer Gewalt, kommunalem Widerstand und Selbstbehauptung – und sind zugleich ein Akt der Sichtbarmachung, der Ermächtigung und des sozialen Aktivismus, der Stereotypen und den heteronormativen Blick in Frage stellt.
In den 1990er Jahren durchlief Südafrika einen tiefgreifenden sozialen und politischen Wandel. Die Post-Apartheid-Verfassung des Landes aus dem Jahr 1996 war die erste weltweit, die Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung verbot; trotzdem ist die LGBTQIA+-Community auch heute noch Gewalt und Verfolgung ausgesetzt. In der frühen Serie Only Half the Picture fängt Muholi die Komplexität von Erfahrungen innerhalb der queeren Community ein: Momente der Liebe und Intimität stehen neben Bildern, die auf intensive, traumatische Ereignisse im Leben der Porträtierten eingehen. Anhand von Fotografien und zusätzlichen Dokumentationen unterstreicht die Ausstellung auch Muholis wichtige Rolle als Aktivist*in und Organisator*in: Muholi engagiert sich in kollektiven Initiativen sowie in der Medienarbeit und inspiriert jüngere Generationen zu einem Weg des Widerstands und der Hartnäckigkeit.
Stephanie Rosenthal, Direktorin des Gropius Bau: „Muholis Arbeit ist ein wichtiger Teil des Programms des Gropius Bau, das sich auf Ausdrucksformen von Fürsorge und Heilung, diversen künstlerischen Gemeinschaften und sozio-politischem Wandel gründet. Muholis Arbeit zeigt, wie Heilung, Empathie und Empowerment trotz kollektiver Traumata wirken können und wie Fotografie zugleich ein Mittel der Reparatur und des Aktivismus sein kann. Vor dem Hintergrund des Wandels in Post-Apartheid-Südafrika und der anhaltenden Diskriminierung der LGBTQIA+-Community feiert Muholi Schwarzes und queeres Leben.“
Ein Kernstück der Ausstellung ist Muholis visuelles Archiv von Porträts, Faces and Phases, ein Hauptwerk, das Schwarze Lesben, trans* und gender-nonkonforme Personen würdigt und feiert. Alle Teilnehmenden blicken direkt in die Kamera und fordern die Betrachtenden auf, diesen Blick zu halten, während Dokumente individuelle Geschichten einfangen oder an Verstorbene erinnern. Über 500 Fotografien und Zeugnisse bilden so ein lebendiges und wachsendes Archiv dieser Community in Südafrika und darüber hinaus.
Die Ausstellung umfasst außerdem weitere wichtige Serien: Brave Beauties zeigt nicht-binäre Menschen und trans* Frauen, von denen viele Miss Gay-Schönheitswettbewerbe gewonnen haben. Being ist eine Reihe von zärtlichen Bildern von Paaren, in denen die gleichgeschlechtliche Liebe bejaht und gleichzeitig vorherrschende Stereotype und Tabus in Frage gestellt werden. Fotografien wie Melissa Mbambo, Durban versuchen ebenfalls, öffentliche Räume für Schwarze und queere Communitys zurückzuerobern, wie zum Beispiel einen Strand in Durban, an dem während der Apartheid die sogenannte „Rassentrennung“ herrschte. In jeder dieser Serien erzählt Muholi sowohl kollektive als auch individuelle Geschichten von gemeinsamen Erfolgen, Verwandtschaftlichkeit und Trauer. Die Bilder stellen vorgefasste Vorstellungen von Abweichung und Opferrollen in Frage und ermutigen die Betrachter*innen, sich mit den eigenen Trugschlüssen auseinanderzusetzen und ein gemeinsames Gefühl von Verständnis und Solidarität zu schaffen.
2012 begann Muholi mit der berühmten Serie dramatischer Selbstporträts unter dem Titel Somnyama Ngonyama („Hail the Dark Lioness“ auf isiZulu), in denen Muholi verschiedene Posen, Charaktere und Archetypen annimmt, um Fragen nach race und Repräsentation zu verhandeln. Von Schwämmen und Latexhandschuhen bis hin zu Gummireifen und Kabelbindern – alltägliche Materialien werden in politisch aufgeladene Requisiten und Kostüme verwandelt. Die daraus resultierenden Bilder erforschen Themen wie Arbeit, Rassismus, Eurozentrismus sowie Sexualpolitik und kommentieren oft Ereignisse in der Geschichte Südafrikas sowie Muholis Erfahrungen als Schwarze, queere Person aus Südafrika auf Reisen im Ausland. Durch die Verstärkung des Kontrasts in den Fotografien betont Muholi auch die eigene Hautfarbe und zeigt stolz die Schönheit des Schwarzseins, während gleichzeitig auf rassistische Stigmata, Paradoxien der Unsichtbarkeit und Hypervisibilität eingegangen wird.
Mit der Ausstellung von Zanele Muholi setzt der Gropius Bau seine Tradition fort, Ausstellungen bedeutender Fotograf*innen des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart zu zeigen, darunter Akinbode Akinbiyi im Jahr 2020, Lee Miller, Berenice Abbott, Robert Doisneau und Thomas Struth im Jahr 2016 sowie Diane Arbus im Jahr 2012.
Zanele Muholi wird kuratiert von Natasha Ginwala (assoziierte Kuratorin, Gropius Bau), Yasufumi Nakamori (Kurator für internationale Kunst (Fotografie), Tate Modern) und Sarah Allen (ehemalige Kuratorische Assistenz, Tate Modern). Die Ausstellung wird von der Tate Modern, London, in Zusammenarbeit mit dem Gropius Bau, Berlin, der Maison Européenne de la Photographie, Paris, dem Institut Valencià d‘Art Modern und dem Bildmuseet der Universität Umeå organisiert. Begleitet wird die Ausstellung von einem vollständig illustrierten Katalog (Tate Publishing) und einem öffentlichen Programm mit Vorträgen, Musik und Veranstaltungen, das von der Deutsche Börse Photography Foundation unterstützt wird.
Zanele Muholi wurde in Umlazi, Durban, geboren und lebt in Umbumbulu. Muholi studierte am Market Photo Workshop in Johannesburg und an der Ryerson University in Toronto, Kanada. Muholi ist Mitbegründer*in des Forum for the Empowerment of Women und Gründer*in von Inkanyiso, einem Forum für queere und visuelle Medien, sowie Honorarprofessor*in an der Hochschule für Künste Bremen. Einzelausstellungen von Muholis Arbeiten wurden weltweit gezeigt, unter anderem im Goethe-Institut, Johannesburg (2012); Brooklyn Museum, New York (2015); Stedelijk Museum Amsterdam (2017); Autograph ABP, London (2017-) und Museo de Arte moderno de Buenos Aires (2018). Muholi hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter den Lucie Humanitarian Award (2019), den 2019 Best Photography Book Award der Kraszna-Krausz Foundation für das Buch Somnyama Ngonyama: Hail, The Dark Lioness (Aperture), den Rees Visionary Award von Amref Health Africa (2019); ein Stipendium der Royal Photographic Society, UK (2018); Frankreichs Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres (2017); den Mbokodo Award in der Kategorie Visual Arts (2017); den ICP Infinity Award für Dokumentarfilm und Fotojournalismus (2016); den Fine Prize for an emerging artist der Carnegie International (2013); einen Prins Claus Prijs (2013); und sowohl den Casa África Award als auch einen Fondation Blachère Award auf der Les Rencontres de Bamako Biennale für afrikanische Fotografie (2009). Somnyama Ngonyama wurde auf der 58. Biennale von Venedig (2019) gezeigt, während Faces and Phases auf der dOCUMENTA 13 (2012) und der 55. Biennale von Venedig (2013) zu sehen war und auf der Shortlist für den Deutsche Börse Photography Prize (2015) stand.
Muholis bevorzugte Pronomen in der englischen Sprache sind they/them/theirs. Da es keine deutsche Übersetzung dieser Pronomen gibt, wird Muholis Name verwendet.
Beitragsbild: Zanele Muholi, „Bester V“, Mayotte, 2015 © Zanele Muholi, Courtesy of the artist and Stevenson, Cape Town/Johannesburg/Amsterdam and Yancey Richardson, New York
26. November 2021 – 13. März 2022
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