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Wie fühlt es sich an? – Hannah Santana

28. Juli 2020 - 15. August 2020

Krankheit und Gesundheitsgefährdung sind Themen, die in Zeiten einer Pandemie damoklesschwertartig über uns allen schweben. Die Furcht vor Ansteckung und die Gewissheit der Möglichkeit, zu erkranken, sind stets stille Begleiter. Diese Gruppenausstellung beschäftigt sich mit eben diesem Sinn für Verletzlichkeit und Objektifizierung, die mit Behandlung und Hospitalisierung verbunden sind.

Teilnehmer*innen:
Carla Steinbrecher – Christine – Elisabeth – Elisabeth W. – Elke – Evita Emersleben – Fabian – Gunda – Insa Pape – Johanna – Johanna Wildhagen – Kathrin Stalder – Lea Berndl – Marion – Michaela Marcian – Nina Romming – Norma Ingenfeld – Raphael – Sigrid + 5 anonyme Teilnehmer*innen

Die Künstlerin und Performerin Hannah Santana initiierte das partizipatorische Kunstprojekt Wie fühlt es sich an? im Februar 2019, und suchte dafür auf sozialen Medien nach möglichen Teilnehmer*innen. Dabei konzentrierte sie sich auf Patient*innen, die zu diesem Zeitpunkt an einer Krankheit litten oder jüngst in Behandlung waren. Die 24 Teilnehmer*innen – darunter 21 Frauen und 3 Männer im Alter zwischen 19 und 77 Jahren aus Deutschland und der Schweiz –, die ihrer Einladung folgten, erhielten ein schlichtes Krankenhaushemd, auf dem sie im Laufe des Projekts ihre Erfahrungen und Gefühle zum Ausdruck brachten.

Der Fokus des Projekts liegt nicht auf einer bestimmten Krankheit oder dem Thema Krankheit an sich, sondern vielmehr auf dem Menschen und seiner Gedankenwelt, in erster Linie aus individueller und nun im Gesamtwerk aus kollektiver Perspektive. Der Prozess, ein Krankenhaushemd als Medium zu nutzen, erlaubte den Teilnehmer*innen, ihre inneren Befindlichkeiten, Gedanken und Erfahrungen zu externalisieren, und dabei die Möglichkeit zu schaffen, andere an ihren abgesonderten und emotionalen Räumen teilhaben zu lassen. Im Laufe des Prozesses wurden die Patientenkittel von ihrem ursprünglichen Zweck entfremdet und stattdessen zu einer Leinwand für die Artikulation innerer Gefühle, und damit zu einem offenen und wertungsfreien Raum für Selbstausdruck.

Die Arbeit in Krankenhäusern erfährt mehr und mehr Forschung und Infragestellung, und es wird nach holistischeren Ansätzen für den Aufenthalt in Krankenhäusern gesucht. Gegenwärtig werden Patient*innen, sobald sie ins Krankenhaus oder Kliniken eingewiesen werden, strikten Richtlinien und Regeln unterworfen, in schlichte und sterile Räume mit wenigen persönlichen Gegenständen eingewiesen, uniformartig in schmucklose Hemden gekleidet und damit in eine Umwelt transportiert, die keine Reflexion ihrer Persönlichkeit oder deren Ausdruck erlaubt. Entmenschlicht, objektifiziert und auf ihren Gesundheitszustand reduziert fühlen sich Patient*innen oftmals entwertet und nicht angemessen gewürdigt und verwundbar, was den Heilungsprozess potenziell negativ beeinflusst.

Dieses unheimliche Gefühl der Entmachtung hat auch eine historische und philosophische Dimension. Man denke nur an den französischen Philosophen Michel Foucault, der kritisch von einem gemeinsamen Fokus auf Disziplin, Uniformität und Effizienz sprach, die sowohl in Krankenhäusern, Asylen, Schulen, Fabriken, dem Militär und Gefängnissen vorzufinden sei. Symbolisch gesehen mag das Krankenhaushemd für die Hilflosigkeit des Subjekts in technokratischen Institutionen stehen. In Wie fühlt es sich an? jedoch lädt Hannah Santana Teilnehmer*innen ein, das Symbol jenes Kittels umzukehren, und damit einen befreienden kreativen Prozess zu schaffen, der von der Machtlosigkeit zu Handlungsfähigkeit und Würde zurückführt.

Die Hingabe, mit denen die aktuellen oder ehemaligen Patient*innen die Hemden personalisiert haben, steht in einem starken Kontrast zu den gängigen Standards der Krankenhausversorgung. Die handschriftlich verewigten Gedanken und Worte der Patient*innen transformieren die Patientenkittel und verleihen den unsichtbaren Spuren des täglichen Lebens von Erkrankungen eine Stimme.

Über Hannah Santana:
Hannah Santana ist eine portugiesisch-deutsche Künstlerin, Performerin, Mediatorin und Forscherin. Sie kommt ursprünglich aus den Bereichen der Kunst und Kunsttherapie/ Kunstpädagogik und unterstützt seit 2018 den Forschungsschwerpunkt Künstlerischen Interventionen in Gesundheitsförderung und Prävention der Hochschule für Künste im Sozialen Ottersberg als Lehrbeauftragte und wissenschaftliche Mitarbeiterin. Außerdem hielt sie auch Performance-Workshops und leitete ein Projekt zum Thema Zusammenarbeit.
Aktuell belegt Santana den Masterstudiengang der Raumstrategien an der Weißensee Kunsthochschule Berlin. Dort führt sie ihre Forschung mit künstlerischen Interventionen in öffentlichen und privaten Räumen fort, und führt partizipatorische Projekte zum Thema der Pflege und Gesundheit durch, wobei sie Kunst als Raum für authentische Kommunikation und Untersuchung nutzt.

https://www.hannahsantana.com/

Wie fühlt es sich an? – Hannah Santana
28. July bis 15. August 2020, Dienstag-Samstag 14 – 19 Uhr
Eintritt frei, Reservierung erforderlich
SomoS, Kottbusser Damm 95, 1.0G, 10967 Berlin (U8 – Schönleinstraße)

Besucherinformation:
SomoS hat Vorkehrungen getroffen, um die Gesundheit unserer Kunden und Mitarbeiter zu schützen, und fordert alle Besucher der Galerie auf, Gesichtsmasken zu tragen und den empfohlenen Abstand einzuhalten. Für diese Ausstellung kann SomoS nur eine begrenzte Anzahl von Besuchern gleichzeitig begrüßen. Es wird empfohlen, einen Besuch per E-Mail an somos@somos-arts.org oder über das unten stehende Formular zu vereinbaren.

Details

Beginn:
28. Juli 2020
Ende:
15. August 2020
Veranstaltungskategorie:
Eintritt: Eintritt frei €

Veranstaltungsort

SomoS Arts
Kottbusser Damm 95
Berlin, 10967 Deutschland
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Veröffentlicht am: 28.07.2020 |

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