Visual Workout – Ist das ein Ruf nach Muskelspiel?
Sind wir aufgefordert zu Klimmzügen, Kniebeuge und Liegestütze? Und das gar unter Hantelzwang?
Vier KünstlerInnen bringen in dieser Ausstellung ihre bildnerischen Systeme in Dialog.
Alle vier arbeiten im Feld figürlicher Bildlichkeit, die sie szenisch, emblematisch, erzählend oder analytisch auslegen. In ihren Arbeitsweisen verbinden sie Subjektivität und Intuition mit Reflexion. Sie denken in Bildern und fertigen Bilder. Ihre Werke transportieren nicht in erster Linie Inhalte, sondern stellen virtuelle Erfahrungsfelder auf, die Wahrnehmung, Innen- und Außenwelt, Erfindung und Beschreibung auf die Probe stellen.
Man kann das durchaus als Visual Workout bezeichnen, der allerdings nicht fördert, was stark macht, sondern das, was die Wahrnehmung verfeinert.
Matthias Beckmann
Matthias Beckmann zeichnet weder Orte noch Dinge, sondern immer ein Feld, seine speziellen Blickwinkel. Die Volumen und Raumtiefen entwickelt er an den Lineamenten, die er seinem Blick auf das Neben-, Hinter,- Vor- oder Durcheinanderliegen des Gesehenen entnimmt. Immer entspricht die Linie einem in diesem Vorgang empfangenen Impuls. Seine Bilder bleiben so gleichwertig als graphische Zeichen und Szene lesbar.
Der Genius Loci schlägt sich aber doch in den Blättern nieder. Jüngst hat Matthias Beckmann die Berliner Gedenkstätten besucht. Dort haben sich zu den Linien farbige Einschübe und Flächen gesellt. Es entstanden zahlreiche Blätter. Eine Auswahl ist in der ep.contemporary zu sehen.
Margret Eicher
Vorgefundenes Bildmaterial aus Magazinen, Filmen, Werbung gruppiert Margret Eicher zu dynamischen Kompositionen. Ihre Bildfindungen lässt sie als Tapisserien weben. Diese Tapisserien spielen als solche auf die Herrschaftsästhetik der historischen Kunstformen an. Mit Textfragmenten versetzt, spannt die Stilistik der Tapisserie einen ornamentalen Rahmen, den Margret Eicher mit völlig unterschiedlichen, gegensätzlichen und widerläufigen Codes füllt. Neben knapp bekleideten Frauen und Männern gelangen auch Panzer, Favelahütten, Comichelden, Tags und vieles mehr zu herrschaftlicher Noblesse. So misst sie der Gegenwart den Puls.
Hannes Kater
Hannes Kater zeichnet abbildend, einfühlend, ordnend, im Liegen, Sitzen, Stehen und Gehen und eventuell sogar im Schlaf. Er verfolgt die Erweiterung der Möglichkeiten von Zeichnung auf dem Papier und im Raum. Seine Bildsprache erinnert an Infografik, die mal flach im Blatt liegt, mal plastisch im den Raum ragt. Sie ist aber so angelegt, dass Hannes Kater mit ihr Welterfahrung nicht nur dokumentierend ordnen oder emotional strukturieren, sondern über diese neugefassten Zeichen und ihr Zusammenspiel ungekannte Zusammenhänge erschließen kann.
Bodo Rott
Bodo Rott vereinigt auf seinen Gemälden ganz verschiedene Blickwinkel und Zeitebenen, gesehene Wesen und gesehene Bilder zu einem kaleidoskopischen Gewebe, das ornamentale Tapetenhaftigkeit anklingen lässt, um eine umso pulsierendere Tiefenraumillusion zu entwerfen. So wirken die Dinge, Pflanzen und Tiere oft bis an den Rand der Unkenntlichkeit verzerrt, wie zerdrückt oder breit getreten, die Figuren gelängt oder verbeult. Transformation, und Erinnerung, Vitalität und Vergänglichkeit erhalten so ein Gesicht.
Text: Bodo Rott