Seit 2020 laden die ifa-Galerien Berlin und Stuttgart unter dem Format out of the box internationale zeitgenössische Künstler:innen zu dialogischen Begegnungen mit einzelnen künstlerischen Positionen des ifa-Kunstbestandes ein. Für die Ausstellung Spheres of Interest*, die vom 24. Juni – 18. September in der ifa-Galerie Berlin gezeigt wird, haben die Kuratorinnen Inka Gressel und Susanne Weiß sechs in Berlin lebende internationale Künstler:innen gebeten, sich den Facetten und Ebenen der außergewöhnlichen Sammlung des ifa mit insgesamt über 23.000 Werken in einem offenen Prozess zu nähern.
Die historischen Eigenheiten und Strukturen des ifa-Kunstbestandes, seine Ausstellungsgeschichten und die spezifische Zusammenstellung durch den teilweisen Erhalt der Sammlung des Zentrums für Kunstausstellungen (ZfK) der DDR bilden den Ausgangspunkt der gemeinsamen künstlerischen kuratorischen Untersuchung. Spheres of Interest* zeigt die Annäherungen der Künstler:innen sowie 45 Kunstwerke aus dem ifa-Bestand, die nun aus den Transportkisten gehoben werden, von langen Reisen mit zahllosen Tourneestationen zurückkommen oder gerade restauriert wurden.
Einige der Werke werden zum ersten Mal ausgestellt, darunter die beiden Skulpturen Mädchenkopf (1963) und Otto Nagel (19770/1971) von Wieland Förster, die das ifa aus dem Zentrum für Kunstausstellungen der DDR (ZfK) übernommen hat und die sich als Dauerleihgabe in der Berlinischen Galerie befinden.
Der Ausstellungstitel Spheres of Interest* verweist auf das gleichnamige Werk von Ruth Wolf-Rehfeldt, eine Pionierin der Mail Art in der DDR, die – anders als ihr Mann Robert Rehfeldt – bisher nicht Teil des Kunstbestandes gewesen ist.
Isaac Chong Wai, Lizza May David, Wilhelm Klotzek, Ofri Lapid, Adrien Missika und Gitte Villesen befragen die Sammlung aufgrund ihrer eigenen „Spheres of Interest“. Sie suchen nach Überschneidungen, Parallelen und Leerstellen. In ihrer künstlerischen Auseinandersetzung beschränken sie sich dabei nicht auf den Ausstellungsraum der Galerie, sondern gehen, analog zum ifa, auch nach „draußen“ in den öffentlichen Raum oder auf Reisen.
Isaac Chong Wai (*1990) entwickelt eine Performance die sich auf den Holzschnitt Die Mütter (1922/23) von Käthe Kollwitz bezieht und sich um die Darstellung eines von Kriegserfahrungen gezeichneten kollektiven Körpers dreht. In Trauergesängen öffnen die von ihm eingeladenen Performer:innen in der Klosterruine Berlin den geschlossenen Körper des Widerstands und Schutzes, den Kollwitz dargestellt hat.
Lizza May David (*1975) widmet sich in ihren Recherchen der Repräsentation einer migrantischen deutschen Nachkriegsgesellschaft, wobei sie auf den Maler Franz Klekawka und seine „naiven Malereien“ aus den 1970er Jahren stieß.
Ofri Lapid (*1983) entwickelt ausgehend von Joseph Kosuths lexikalischen Arbeiten, die in den letzten 22 Jahren durch die Welt gereist sind, eine den Ausstellungsorten folgende multilinguale „Sprach-Tournee“.
Adrien Missika (*1981) präsentiert mit MOTUS eine lokale Pop-up Ausstellung, für die er ein Lastenrad entworfen hat, um ausgewählte Fluxus Arbeiten an Orten im öffentlichen Raum zu aktivieren.
Wilhelm Klotzek (*1980) gestaltet einerseits aus Stadtraumelementen ein Display, das als Scharnier zwischen den Exponaten fungiert. Mit einer Intervention an der Fassade der Galerie verschiebt er die Wahrnehmung des Straßenzuges und lenkt den Blick auf Kunstwerke aus dem Bestand des ZfK – die bis dato noch nicht gezeigt worden sind – sowie auf Werke von Wieland Förster und Carlfriedrich Claus, auf die er mit einer akustischen Assemblage reagiert.
Gitte Villesen (*1965) blickt aus einer feministischen Perspektive auf die Leerstellen der Sammlung und wählt dementsprechende Werke aus. Ihre Text- und Bildtableaus thematisieren darüber hinaus die Richtungen des gemeinsamen Suchprozesses.
In der intensiven kuratorisch-künstlerischen Zusammenarbeit kommen kritische und humorvolle Betrachtungen, Kommentare und Fragestellungen zusammen. Sie berühren dringliche Momente unserer Gegenwart, stellen kollektive Erinnerungen und neue Handlungsmomente heraus.
Die Ausstellung wird kuratiert von Inka Gressel und Susanne Weiß. Während der Laufzeit finden Performances, Künstlergespräche, Veranstaltungen und Lesungen statt. Weitere Informationen zu den Terminen und begleitenden Veranstaltungen.
Beitragsbild: Ruth Wolf-Rehfeldt, “Spheres of Interest”, 1975, Zincography, 21 × 29.5 cm. Courtesy of the artist and Chert Lüdde, Berlin
Spheres of Interest*
24.06.2022 – 18.09.2022
ifa-Galerie Berlin