Eingang am hinteren Ende des Gebäudes, gegenüber der W. Michael Blumenthal Akademie des Jüdischen Museums Berlin. Kontakt: ottjoerg@concept-art.berlin, www.ottjoerg.com; https://www.roam-projects.eu
2007, in einer für den Libanon, Israel und die palästinensischen Gebiete relativ ruhigen Zeit, hat der Künstler Ottjörg A.C. von Schülern eingeritzte Originalschultischplatten aus den Klassenzimmern durch die Tiefdruckpresse geschoben. Die dabei entstandenen großformatigen Radierungen erzählen von den Hoffnungen und Ängsten von Schüler*innen aus Beirut, Haifa, Jerusalem und Ramallah.
Die ausgestellten Intaglio-Drucke sind Teil eines global angelegten Projektes zum Schultisch als soziales und ästhetisches Speichermedium für jugendliche Sprachlosigkeit. Das umfassende Vorhaben wurde zwischen 2006 und 2016 unter dem Titel DeskXistence realisiert. Beteiligt waren 48 Schulen in 18 Städten auf fünf Kontinenten. Die Arbeit an der Druckpresse entstand jeweils vor Ort, zumindest in der Region. Insgesamt sind 618 Radierungen entstanden. Jeder Druck hat die Größe der Schultischplatte von der er stammt.
Die geritzten „Schülerglyphen“, die 2007 von Heranwachsenden in Israel, im Libanon, sowie in den Palästinensischen Autonomiegebieten gestaltet wurden, belegten, dass der Drang, sich in der Oberfläche des Schultisches zu äußern, unabhängig von der Lage der Schule, vergleichbar ist. Diese Radierungen haben im Jahr 2024 eine neue Bedeutung angenommen.
Schulen, Klassenzimmer, ein geschlossener Raum in einem geschlossenen Raum, auf dem Weg dorthin werden Freiheiten abgegeben und Disziplin angenommen (Discipulus ist lateinisch für Schüler). Im Klassenzimmer wird Wissen in Ideen gegossen, die eine Zukunft versprechen. Für den Moment bleibt den Schüler*innen ein Mäandern zwischen Aufmerksamkeit und Träumen. Die Zukunft bleibt ein virtueller Raum auch wenn Schule behauptet einen belastbaren Boden, ein sicheres Fundament für dieses Später zu bieten. Gefühle der Hoffnung und Verzweiflung, Anpassung oder Widerstand sind Begleiter auf dem Weg der Entscheidungen.
Die Radierungen belegen eindrucksvoll wie die Situation der unterschiedlichen Orte hinein ins Klassenzimmer getragen wird und sich dort auf dem Schultisch niederschlägt. 2024 drängt sich die Frage auf, was geschieht mit den Träumen, was mit der Zukunft dieser Jugendlichen, wenn die Mauern der Schulen keine Sicherheit mehr bieten? Wenn Schulen zerstört werden, weder Schutz noch Widerstand bieten, verengt dann die Angst die Perspektive oder erweitert sich der Horizont? Was wird Schule machen?
roam projects e. V.
9. –24. November 2024
Lindenstraße 91, 10969 Berlin
Öffnungszeiten: Mi.–SA. 15:00–18:00 Uhr,
Fr., 8. Nov., 19–22 Uhr: Vernissage
Fr., 22. Nov., 19 Uhr, Künstlergespräch zus. mit Alumni der am Projekt beteiligten Schulen
Die Ausstellung wird von Dr. Helen Adkins kuratiert.