Die umfangreichste Werkgruppe der Ausstellung, “A Year in My Pocket”, zeigt Fotografien, die Rikala über vier Jahreszeiten hinweg an bestimmten Orten des finnischen Archipels aufgenommen hat, wobei er sich auf den Zustand des Wasser im Verlauf der saisonalen Zyklen konzentrierte. Anschließend druckte er für jede Jahreszeit eine Fotografie, faltete sie, steckte sie in seine Hosentasche und trug sie drei Monate lang bei sich. Gelegentlich holte er den Abzug hervor, um dessen Verwandlung und seinen Zustand zu dokumentieren, nur um ihn dann wieder einzustecken. Wie die Erinnerungen, die wir in unseren Köpfen tragen, wurde auch das Bild im Laufe der Zeit durch den alltäglichen Gebrauch und das Transportieren verändert.
Mikko Rikala ist ein Künstler, der den fotografischen Prozess als Werkzeug zum Sammeln und Aufzeichnen von Materialien verwendet. Sein philosophisches Streben will ergründen, was sich hinter dem rationalen Selbst verbirgt und sein künstlerischer Ansatz ist ein Weg, auf dem er dieser Frage nachgehen kann. Rikala sagt: „Ich versuche die Beziehung zwischen dem, was als rational angesehen und dem, was als irrational wahrgenommen wird, zu enthüllen.“
Seine Arbeit ist eine Reflexion, die mystische und philosophische Gedanken durch den empirischen Prozess der Beobachtung miteinander verbindet. Im Gegensatz zu seinen bisherigen Werken, bei denen er den fotografischen Prozess nutzte, um das Vorher-Nachher festzuhalten, fokussieren sich die neuen Arbeiten auf jene Mysterien, die unterhalb des Unsichtbaren liegen. Er fragt: „Was sind die Möglichkeiten für einen Menschen, die Welt jenseits des rationalen Verstandes hinaus zu betrachten und zu verstehen?“
Rikala benutzt seine Kamera als Kontrollinstrument durch den meditativen Akt des Beobachtens. Er überträgt medizinische auf philosophische Aspekte, die der physischen Dimension eines Objekts – sei es eine Pflanze, ein Stein oder ein Bienenstock – innewohnen. Er kreiert visuelle Dichotomien, die gegensätzliche Weltansichten kontrastieren – wie wir mit der Natur im Einklang leben sollten, im Widerspruch zur Verwendung von Technologie als Werkzeug, um sie zu überwältigen.
Die Werke dieser Ausstellung versuchen uns daran zu erinnern, dass wir uns an jene wesentlichen Qualitäten erinnern müssen, die in der natürlichen Welt jenseits ihrer wissenschaftlichen Definitionen und in unserem kollektiven Gedächtnis liegen. In Rikalas Welt ist ein Quarzstein nicht nur eine kristalline Mineralverbindung – viel mehr ein Talisman, der Emotionen kanalisiert, Ruhe und Heilung einleitet oder Gedanken reinigt. Gemeinsam schlagen diese Arbeiten die psychologische Brücke zum (Un-)Bewussten, indem unsere Umgebung durch eine mystische Linse beäugt wird, die auf angeborenen Empfindungen beruht: „Mein künstlerischer Ansatz übt Methoden der ‚meditativen Repetition‘, der Strukturierung, Anordnung sowie Auflösung aus; ich stelle prozessuale, relative Bewegungen linearer und zirkulärer Zeit systematisch nebeneinander und zerlege sie. Strukturen des Zerfalls und der Zersetzung, als elementare Themen meiner Werke, sind für mich Indikatoren des unvermeidlichen, fortschreitenden Vergehens der Zeit. Sie sind aber ebenso Übergangsphänomene wiederkehrender, sich selbst erneuernder Charaktere als Sinnbilder des zyklischen und dazwischenliegenden Zeitablaufs. Die visuellen Motive entnehme ich der natürlichen wie auch der künstlichen, in diesem Sinne der physisch erbauten oder konzeptionellen Welt. Sie koexistieren als Fragmente ohne strukturelle Hierarchie.“