Valentina Murabito – La donna del mare
Valentina Murabito entführt bei 68projects by KORNFELD in eine faszinierende Welt, in der Mythologie, Natur und Fotografie auf außergewöhnliche Weise verschmelzen.
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Life is Perfect – so betitelt Anne-Mie Van Kerckhoven ihre neue Ausstellung in der Galerie Barbara Thumm. Diese Aussage birgt jedoch einige Unsicherheiten in sich, meint Van Kerckhoven, die, als Belgierin, nicht in der deutschen Sprachen denkt, damit etwas – grammatikalisch – Abgeschlossenes, wie es der Duden definiert: „die deutsche Zeitform Perfekt verwenden wir für abgeschlossene Handlungen“
Oder will sie es adjektivisch verstanden wissen, als etwas das einwandfrei, ohne Makel erscheint? So bezogen auf das Leben erscheint das sehr schwierig, im Hinblick auf die gegenwärtigen Zeitumstände nahezu provozierend utopisch.
Anne-Mie Van Kerckhoven bezieht sich ausdrücklich auf ein 1979 erschienenes Buch von Raoul Vaneigem, „Le livre des plaisirs“. Das alles verkompliziert die möglichen Deutungen, denn hier ist von Freuden die Rede und nicht vom Leben; von Anne-Mie Van Kerckhoven ausgewählte Kapitel, die wie eine Anleitung zum perfekten Leben gelesen werden sollen, oder sind sie Manifest zum (gehabten) Leben im Perfekt?
Raoul Vaneigem wurde 1934 in Belgien geboren, er war neben Guy Debord und Asger Jorn u.a. seit 1961 Mitbegründer und Aktivist der Situationistischen Internationale und darin prägender Herausgeber und Autor ihrer Ideen. 1970 verließ er diese Avantgardebewegung, er lebt heute in Barcelona.
Im Kern geht es in den Vorstellungen der Bewegung um Anarchie gegen Normen und einer strikten Individualität jedes einzelnen Individuums in der Gesellschaft, um mittels Poesie und Freiheit zu einem selbstbestimmten Leben zu finden. Nichts beschreibt die Haltung von Anne-Mie Van Kerckhoven besser, als diese (utopischen) Ziele; mit den Mitteln der Bildenden Kunst, der Literatur und der Musik diesen Weg für sich zu gehen. Die Totalität des Anspruchs wird in der Vielfalt der gestalteten Medien deutlich.
Im Fall der jetzt ausgestellten Werkgruppe kommt damit ein Phänomen zum Ausdruck und zur Anschauung, das mit dem Begriff „Übersetzung“ beschrieben werden kann. Anne-Mie Van Kerckhoven klammert sich durch Zitate an Aussagen eines Buches, das sie fasziniert und inspiriert hat, um in der Sprache eines gänzlich anderen Mediums, nämlich mit Bildern, auf diese Ideale zu antworten. So konkret die Anweisungen zum individuellen Glück in der sprachlichen Ausdrucksform zitiert werden, so abstrakt erscheinen sie als Collage von Material, Form und Farbe. Hier wirken nicht-begriffliche Wahrnehmungen auf die Sinne ein. Die Worte verfassen Zielvorstellungen, Handlungsanweisungen und die Bilder dazu erschaffen Meditation in der Abstraktion der Flächen, die zu einem Bild komponiert sind. Es handelt sich um Wechsel von geometrischen Farbflächen, die ein Figur-Grund-Problem zu Darstellung bringen, zwischen Vorder- und Hintergrund oszillieren und damit die denkende Bewegung der Anschauung evozieren. Es erscheinen – vereinzelt – Rudimente einer Figuration, die ihre Vorlage offensichtlich in einem Foto haben, das damit ein Moment von Erinnerung und damit Vergangenheit zum Ausdruck bringt.
Damit wären wir wieder beim „Perfekt“, des Abgeschlossenen, wenn man es zurückübersetzt. Das Leben ist Perfekt kann eigentlich nur als anarchische Aufforderung verstanden werden, es durch Selbstfindung und künstlerische Selbstwertschätzung gerade in diesen Zeiten sich perfekt respektive fehlerfrei zu erarbeiten. Das ist auch als Aufforderung an den Betrachter zu verstehen, sich diese Übersetzung zu leisten.
5 Mar 2021 — 17 Apr 2021
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