Der in München lebende Künstler Hubertus Hamm schafft mit seiner Kunst etwas Magisches und Lebendiges. Unsere Ausstellung mit neuen Werken des Künstlers versammelt unter dem Oberbegriff „vi – ew“ Objekte aus zwölf unterschiedlichen Werkgruppen. Bei allen Werken geht es um das flüchtige Bild. Ein Kunstwerk kann nur entstehen, wenn es betrachtet wird. Der Mensch wird Teil seiner Kunst, indem er eine Wechselwirkung zwischen den Objekten und sich selbst eingeht.
In „Portrait XII“ bezieht sich Hubertus Hamm auf die „Black Paintings“, das sind schwarze, abstrakte Bilder, die die Künstler der New York School in den USA seit den 1950er Jahren gemalt haben. Von der Seite betrachtet, wirken Hubertus Hamms Werke wie eine geschlossene, dunkle, opake Fläche. Diese Lichtundurchlässigkeit wird aufgehoben, sobald das quadratische Bild frontal betrachtet wird. Wer sich von der einen Bildseite zur anderen bewegt, dem begegnen unterschiedliche Flächen. Diese reflektieren fragmentarisch den Raum und die Betrachter. Man könnte das so empfinden, als ob der eigene Lebenszyklus gespiegelt wird: Man taucht aus dem Dunklen auf, sieht sich selbst und taucht wieder ins Dunkel ab. In dieser Serie führt Hamm das mirror selfie ad absurdum, da die Kamera nur sich selbst sehen und fotografieren kann.
In seiner Molded Mirror Serie verschwimmen die Spiegelungen. Mit den spiegelnden Metalltafeln konterkariert der Künstler seine Faszination für Fotografie. Auch hier wird er zum absichtslosen Regisseur. Ohne Betrachter gibt es kein Bild – im Gegensatz zu einer Fotografie, die immer etwas abbildet.
Hubertus Hamm begann früh, sich mit den Parametern der Fotografie zu beschäftigen, um Grenzen auszuloten. Er verstand seine Fotografien immer als eigenständige Objekte und nicht als Abbilder. Durch das Übereinanderlegen verschiedener Schichten, Reißen, Falten und Biegen des Materials ging er mit dem Bildträger in die Dreidimensionalität. Metall, Glas, Keramik oder andere artfremde Materialien benutzt er, um in den Raum zu gehen.
Portrait IX ist das frontale Porträt einer Frau. Auf der rechten Seite hat Hubertus Hamm die Farbpigmente abgekratzt, sodass die Leinwand freigelegt ist. Wie ein Nachbild, das entsteht, wenn man in die Sonne schaut und dann die Augen schließt, setzt sich das Gesicht schemenhaft auf der weißen Fläche fort.
Die abgeschabten Pigmente finden sich als kleines Häufchen unterhalb des Bildes. Dort liegt auch das Skalpell, das der Künstler für seinen Eingriff benutzt hat.
In seinen Werken verlässt Hubertus Hamm die angestammten Pfade der klassischen Fotografie und verzichtet oft sogar auf das Medium, in dem er einst ausgebildet wurde. Indem er die Grenzen seines Mediums in Bezug auf Dreidimensionalität und Materialität auslotet und überschreitet, reflektiert er in seinen Werken die Modalitäten des Bildes ebenso wie des Bildermachens.
Seine Werke wurden im Museum Rietberg in Zürich (CH), im Yuan Art Museum in Peking, im SPSI Art Museum in Shanghai, im Team One in Los Angeles, in der Nir Altman Galerie in München sowie in weiteren anerkannten Institutionen und Kunstmessen auf der ganzen Welt ausgestellt. Aktuell sind seine Werke in der Ausstellung „Reflections“ “im Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt zu sehen.
Beitragsbild: vi-ew, Portrait No. XI, Molded No. 1 | 2022 | Metall | 116 x 116 cm | Unikat
Hubertus Hamm: vi – ew
14. Januar 2023 – 25. Februar 2023
KORNFELD