Rolf Tietgens Buch Der Hafen muss zu den besten Fotobüchern der 1930er Jahre gezählt werden. Es soll der Frage nachgegangen werden, in welcher Weise Tietgens das Vokabular des „Neuen Sehens“ einsetzt, um in einer persönlichen Sichtweise den Bildern eine symbolische Dimension zu verleihen. Wie schafft er es, den Hamburger Hafen als facettenreichen, archaischen Ort zu beschreiben, an dem der Mensch den Übergang von Wasser zu Land gestaltet hat und wo die technischen Vorgänge Teil eines komplexen Organismus sind, zu dem die Sphären von Architektur und Arbeit ebenso gehören wie die von Handel und nächtlichem Vergnügen?
Alfred Ehrhardt hingegen beschreibt den Hamburger Hafen in einer Bildsprache der „Neuen Sachlichkeit“ weniger als metaphorischen Raum, sondern als dynamischen Schauplatz des Industriezeitalters, der eine spezifisch maritime Technik hervorgebracht hat. Ehrhardt erstellt ein Inventar der Elemente und registriert unterschiedliche Schiffstypen, Ladebrücken, Kräne, Schiffsschrauben oder Ankerketten als charakteristische Details. Aber inwiefern überzeugen seine Aufnahmen besonders dort, wo jahreszeitliche Kräfte der Natur sichtbar Einfluss auf das Hafen-Geschehen nehmen? Könnte das an seiner Vorliebe für Motive der Natur liegen?
Prof. em. Dr. Eckhardt Köhn, langjährige Lehrtätigkeit an der Goethe-Universität Frankfurt; Literaturwissenschaftler, Fotohistoriker, Verleger der EDITION LUCHS, Kurator und Sammler. Verfasser zahlreicher Beiträge zur Literatur und Fotografie in der Weimarer Republik. 2011 Veröffentlichung des Buches Rolf Tietgens – Poet mit der Kamera. Fotografien 1934-1964. 2022 Gastkurator der Ausstellung Die Fotografinnen Nini und Carry Hess im Museum Giersch der Goethe-Universität Frankfurt und im Deutschen Theatermuseum München. Im Sommer 2023 erschien das Buch Franz Pfemfert als Fotograf.
Eintritt frei. Wir bitten um Voranmeldung unter: info@aestiftung.de