Der 1961 in Simbabwe geborene Künstler Francois du Plessis verwandelt alte Bücher in Kunstobjekte. Dabei kombiniert er Buchrücken, Front- und Rückdeckel, Kapitalbänder und Buchschnitte (das sind die drei offenen Seiten eines Buchblockes, die nicht mit dem Buchrücken verbunden sind) zu atemberaubenden Plastiken und collagenartigen Wandobjekten.
Jedes dieser Buchkunstwerke kreiert seine eigene, neue „Buch-Geschichte“, die sich aus unterschiedlichen Büchern, deren Materialbeschaffenheiten und der künstlerischen Komposition zusammensetzt und die weit mehr erzählt, als das Auge auf den ersten Blick wahrnimmt. Ein Buchtitel auf einem Buchrücken kann z. B. einen Hinweis darauf geben, worum es in diesem Buch geht, jedoch bleiben die hinter den Buchrücken gedruckten Geschichten, Gedanken, Emotionen und Erfahrungen aus vergangenen Zeiten in den Skulpturen Francois du Plessis‘ verborgen.
Die Farbigkeit seiner Kunstwerke wird durch das Material bestimmt, dessen Auswahl von den Erinnerungen an seine Kindheit auf einer Farm in Südafrika beeinflusst ist. Mit ihr verbindet er die farbenfrohe Kleidung und den Schmuck der Ndebele-Frauen in seiner Heimatstadt Pretoria, deren Farbskala sich in seinen Skulpturen wiederfinden. Zum anderen lässt er sich von der unerschöpflichen Ideenvielfalt und Ästhetik der Natur inspirieren. Dafür fotografiert der seit 1988 in Deutschland lebende Künstler diese, wie ein Maler sein Skizzenbuch benutzt. Viele seiner Arbeiten ähneln Querschnitten eines uralten Baumstammes. Seine Hommage an die „Kunstwerke der Natur“ sind in seinen Werken unübersehbar.
Francois du Plessis durchstreift für seine Materialiensuche Flohmärkte, Antiquariate und Nachlässe. Sie zu sammeln, ist für ihn wie eine Sucht geworden. Er wählt sorgfältig aus, welche Bücher er verwenden wird. Der literarische Inhalt der Bücher ist für ihn dabei nicht von Interesse. „Der einzige Inhalt der Bücher, der übrig bleibt, ist der Titel eines Buches, den ich gleichzeitig als Titel für mein Kunstwerk verwende.“ Vielmehr interessieren ihn die Farben, die Formen und das Material der Bücher. Die farbigen Buchschnitte (farbige Veredelung von Papierkanten) sind für ihn am interessantesten, denn seine Kunstwerke bleiben unbehandelt, naturbelassen. Einige der Buchschnitte sind mit Worten bedruckt. Der Goldschnitt von Gesangsbüchern verleiht einigen seiner Kunstwerke besonderen Glanz.
Francois du Plessis hebt in der wachsenden digitalen Welt mit seiner analogen Buchkunst die kulturelle Bedeutung des Mediums Buch hervor und lädt uns ein, ihre Aufwertung als Kunstform zu schätzen. Somit sind die Skulpturen und Wandcollagen von Francois du Plessis eine Hommage an das Kulturgut Buch.
Mit der Ausstellung „Verborgene Geschichten hinter Büchern“ lädt uns der Künstler auch ein, mal wieder hinter die Buchrücken in unseren eigenen Bücherregalen zu schauen, die dort verborgenen Geschichten neu zu entdecken und deren analoge Schönheit mit Ihren haptischen Gestaltungsmöglichkeiten zu genießen – sprich: ein Buch zu lesen!
François du Plessis „Hidden stories behind books”
15. März bis 2. Juni 2024
Vernissage: 15. März, 18:00 Uhr
galerie probst