Valentina Murabito – La donna del mare
Valentina Murabito entführt bei 68projects by KORNFELD in eine faszinierende Welt, in der Mythologie, Natur und Fotografie auf außergewöhnliche Weise verschmelzen.
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Die Galerie Max Hetzler präsentiert Wall Works 1983–2023, eine Einzelausstellung von Bridget Riley. Dies ist die neunte Einzelausstellung der Künstlerin in der Galerie und die bisher umfassendste Retrospektive ihrer Wandgemälde. Dreizehn Kompositionen, von denen die Hälfte Leihgaben aus internationalen öffentlichen Sammlungen sind und vier neu geschaffen wurden, bieten einen Überblick über diese wichtige Werkgruppe.
Wer die Ausstellungsräume der Galerie Max Hetzler in diesen Tagen betritt, erhält die Gelegenheit, ganz in die Welt der englischen Malerin Bridget Riley (geb. 1931) einzutauchen. Dreizehn großformatige Gemälde erstrecken sich über die Wände, verteilt über zwei Stockwerke. Die Werke setzen sich zu einer heiteren Schule des Sehens zusammen. Für Riley ist der Akt des Sehens keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil. Betrachten, Beobachten, Schauen und Fokussieren sind Handlungen, die häufig von den Ausführenden selbst nur schlecht verstanden werden. Nach Riley besteht die Herausforderung der modernen Kunst darin, die „Malerei noch einmal zu lernen und für sich selbst wiederzufinden”. Ihr Ausgangspunkt ist die vielfältige Art und Weise, wie uns die Welt erscheint und die Frage, wie das Sehen in Malerei übersetzt werden kann. Was häufig als „Realismus” bezeichnet wird, hält die Künstlerin für ein Missverständnis. In einem Gespräch von 1998 bringt sie die Fehleinschätzung dessen, was wir für gemalte Wirklichkeit halten, auf den Punkt: „Die Menschen wären in der Tat sehr bestürzt, wenn die wirkliche Welt so tot in ihren Erscheinungen wäre, wie sie das anscheinend von einem Gemälde erwarten.”
Wie also sehen wir? Die Wandgemälde setzen sich aus den Elementen der sichtbaren Phänomene zusammen, dem Baukasten der Erscheinungen. Farbe. Form. Hell. Dunkel. Umriss. Füllung. Träger. Der Eindruck jedoch, dass die minimalistischen Formen Hand in Hand mit einer einfachen Seherfahrung gingen, trügt. Die Wahrnehmung spielt uns Streiche. Dancing to the Music of Time lautet etwa der Titel der Arbeit, die 2022 für die National Gallery of Australia, Canberrra, geschaffen wurde. Was wie eine Ansammlung verschiedenartiger Punkte zu sein scheint, setzt sich plötzlich in Bewegung, während der Blick über die Oberfläche streift. Das Auge wird von „Lichtblitzen überrascht”, wie Riley festhält. Auch bei Composition with Circles 5 von 2005 verliert der Sehsinn die Übersicht und die Kreise beginnen zu schwingen. Es gibt kein Haupt- und Nebengeschehen, vergeblich versuchen die Linsen scharfzustellen.
Riley knüpft mit ihren Bildern an eine Tradition an, die weit in die Kunstgeschichte zurückreicht. Das Phänomen der Wahrnehmung hat im 19. Jahrhundert kaum eine Kunstrichtung mehr beschäftigt als den Impressionismus, insbesondere den französischen Maler Georges Seurat, in dessen Werken sich Städte samt ihren Einwohnern in zitternde Punkte auflösen, als ob sie jeden Moment wie ein Vogelschwarm auseinanderstieben könnten. Die Streiche, die uns Licht und Schatten spielen, veranlassten im selben Zeitraum den deutschen Physiker und Physiologen Hermann von Helmholtz zu dem launigen Ausspruch über das menschliche Auge, dass wenn ein Optiker ihm ein derart „nachlässig gearbeitetes Instrument verkaufte”, er sich für „vollständig berechtigt halten [würde], es ihm zurückzugeben”. Nachbilder, Fehlfarben, Lichtblitze – Helmholtz‘ Mängelliste war lang. Riley aber stellt diese Bewertung auf den Kopf, indem sie die vermeintliche Schwäche als Stärke versteht. Die Eigenwilligkeiten des Auges sind die Grundlage für das Vergnügen des Sehens. Sie sind kein Mangel, sondern liefern den Reichtum, aus dem die Kunst schöpfen kann.
Diese Vielfalt ist Rileys Lebensthema: In Intervals Wall Painting, 2021, sind es zunächst einfach scheinende Akkorde von drei Farbtönen die für Überraschungen sorgen, bei Rajasthan, 2012, sucht der Blick vergeblich die Grenze, wo das Bild aufhört und die Wand beginnt. In Cosmos, 2017, scheinen die Punkte wie Sterne im All über der Wand zu schweben, mal näher, mal ferner.
Es sind Bridget Rileys Werke, die uns daran erinnern, dass wir die Malerei brauchen, um das Hochgefühl des Sehens zu verstehen.
Julia Voss
Beitragsbild: Arcadia 1 (Wall Painting 1), 2007, graphite and acrylic on wall, 266.5 x 498.5 cm.; 104 7/8 x 196 1/4 in.
9. Juni 2023 – 19. August 2023
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