Valentina Murabito – La donna del mare
Valentina Murabito entführt bei 68projects by KORNFELD in eine faszinierende Welt, in der Mythologie, Natur und Fotografie auf außergewöhnliche Weise verschmelzen.
mehr erfahren...
Die Arbeiten der jüngsten Werkschau von Antonio Paucar, entstanden während seiner Aufenthalte auf verschiedenen Kontinenten. Die Werke schlagen Brücken, zwischen unterschiedlichen Geografien und kulturellen Traditionen: den des Westens, der Anden und des peruanischen Amazonasgebietes. Dabei verbindet sich Vergangenheit und Zukunft miteinander. Seine Arbeit behandelt aktuelle Konflikte wie der Ermordung indigener Führer und Umweltschützer, dem Klimawandel und Überwachungstechnologien sowie gegenwärtige Kriege und totalitäre Regime. Einige seiner Werke zeugen von seiner Auseinandersetzung mit der traditionellen/historischen andinen Textilkunst und ihrer Materialität in Bezug auf den Körper und der Textilherstellung.
In der Galerie weben Paucars Hände eine Spirale aus weißen und schwarzen Alpakafasern, eine Anspielung auf das Prinzip der dualen Reziprozität in der andinen Weltanschauung. Die Spirale symbolisiert das andine Denken – umfassend, kollektiv, Reflexion und Aktion verbindend, Vergangenheit und Gegenwart als Zyklus – im Gegensatz zum linearen westlichen Konzept mit seiner unidirektionalen Vorstellung von Zeit. Alle Handlungen werden als meditative Praxis angeboten, die Energie erzeugt und in Verbindung mit dem All, mit der Natur, mit Pacha Mama (Mutter Erde) steht.
Tatsächlich stellt seine gesamte Ausstellung ein Heilungsritual für eine Welt dar, die zunehmend von struktureller Gewalt und einer schwindenden Wertschätzung des Lebens geplagt wird. So zeigt seine Arbeit mit dem Titel „lllapa” (ein Quechua-Wort für Donner und Blitz) kosmische Wolken, die Energie wie leuchtende Fäden aussenden. Aus Alpakafasern gefertigt und mit natürlichen Farben gefärbt, stehen aufgrund der Marktanforderungen die Tiere kurz vor ihrem Aussterben. Die Fasern werden gesponnen und geflochten, um eine heilige Geometrie zu bilden. Sie spiegelt die Beziehung zur Natur in den Anden wider, wo die Arbeit eine Ko-Kreation mit den Gottheiten bedeutet, die die Reproduktion des Lebens ermöglichen. Der Blitz ist für das ideale Klima für Aussaat und Ernte verantwortlich, weshalb er bis heute von andinen Gemeinschaften angerufen wird, die von den durch den Klimawandel verursachten Dürre- und Regenperioden betroffen sind.
Zwischen überlaufenden oder verschmutzten Flüssen, Abholzung und Gebieten, die von der Bergbauindustrie, dem Drogenhandel und dem Landhandel bedroht sind, riskieren indigene Führer und Umweltschützer ihr Leben, um Gemeinschaften zu verteidigen, die heute mehr denn je bedroht sind. In der Arbeit „Their Names form Rivers and Mountains” huldigt der Künstler mit (Nudel-) Buchstaben, die eigentlich zum Kochen verwendet werden, denjenigen, die ihren Körper unter Einsatz ihres Lebens den Todesmaschinen gegenüberstellen. Lehm ergänzt diese Installation, die auf die verlorenen Leben hinweist, die in Peru oft unbemerkt bleiben, wo das Leben der lndigenen weniger wert ist als das der Elite, die die koloniale Macht geerbt haben.
In der Videoperformance „Feuchtwanger’s Dream” versucht Antonio, mit verbundenen Augen, eine kreisende Drohne in einer Art Tanz, Kampf und Sinnesübung niederzuschlagen – sowohl im Haus in Los Angeles, in dem Feuchtwanger im Exil lebte, als auch in der natürlichen Umgebung des Topanga State Parks. Diese spielerische Aktion erinnert an die traditionellen Pinatas auf lateinamerikanischen Kindergeburtstagen und zeigt die Verletzlichkeit der Menschen angesichts aktueller Formen von Überwachung und Spionage auf. Im Video „Learning to Fly in Varanasi’s Skies” sehen wir Drachen, die aus weggeworfenem schwarzem Plastik gebastelt wurden, das auf den städtischen Mülldeponien reichlich vorhanden ist. Kinder lernen, ihre Drachen von den Dächern steigen zu lassen und bewegen sich rhythmisch in Indiens ältester und spirituellster Stadt, in der der Ganges fließt. In „Journey on a Flying Carpet” saugt Antonio Wein durch transparente Strohhalme und verwandelt die weiße Oberfläche des Bodens unter ihm in eine fließende Geometrie aus roten Linien, die ihn fast magisch umgeben.
Zeichnende Lungen. Hände, die als Verlängerungen ihren eignen Körper zum Fliegen bringen. Webereien, welche die Hände verlängern. Arme, die sich gegen äußere Kontrolle und Invasion verteidigen und Beine, die in der Erde verwurzelt sind und sie aufrecht halten. Für Antonio ist der Körper ein Universum voller endloser Möglichkeiten für Schöpfung, Kampf und Freiheit. Seine Werke sind ein Heilmittel für eine Zivilisation, die langsamen Selbstmord begeht. Es besteht aus Poesie, der Erinnerung an verstummte Stimmen und dem Vertrauen auf ein sinnliches Wissen, das Wünsche und Träume in mögliche Welten überträgt. Sein Werk lädt dazu ein, sich daran zu erinnern, dass wir, wenn wir nicht schlafen können, nicht nur die weißen Schafe zählen sollten, sondern auch die schwarzen, braunen und andersfarbigen. Wie er in einem Gedicht schreibt: ,,Lasst uns Schafe, Lamas und Alpakas zählen … Vicunas, Kühe, Vögel, Bäume, Steine und mehr … Denn wenn wir anders träumen, können wir vielleicht die Welt und uns selbst verändern.”
Eliana Otta, August 2023.
Beitragsbild: Antonio Paucar, work in progress, Galerie Barbara Thumm 2023
02.09.2023 – 13.10.2023
Auch spannend für dich: