In ihren lebensvollen Werken verschmilzt die brasilianische Malerin Beatriz Milhazes zwei sehr unterschiedliche Weltanschauungen. Ihre abstrakten Kompositionen, die in einer Reihe mit modernistischen Meistern von Henri Matisse bis Bridget Riley betrachtet werden können, sind durchtränkt von den Farben und dem Licht ihres Heimatlandes. Ihre Gemälde sind gespickt mit Symbolen des brasilianischen Alltagslebens: Karneval, traditionelle Handwerkskunst und Motive von Barock bis Pop, allesamt in einem überschwenglichen visuellen Rhythmus choreographiert.
Die farbenfrohe Atmosphäre besitzt einen unwiderstehlichen exotischen Reiz, doch wie in den Werken Paul Gauguins finden wir ein gebrochenes Paradies vor, in dem sowohl in den Verheißungen des Tropendaseins als auch jenen der modernistischen Abstraktion düsterere, melancholischere Klänge mitschwingen.
Besondere Technik von Beatriz Milhazes
Um dieses Gleichgewicht zu finden, entwickelt Milhazes Ende der achtziger Jahre eine besondere Technik, bei der sie ihre Motive auf Plastikfolien malt, diese auf die Leinwand klebt und nach dem Trocknen die Folie abzieht. Diese Methode ermöglicht der Künstlerin, Oberflächen übereinanderzuschichten und ein Changieren zwischen Glorienschein und schillernder Tristesse zu erzielen. Seit ihrem Durchbruch Anfang der neunziger Jahre hat Milhazes ihren Wirkungskreis auch auf andere Medien ausgedehnt, produziert Siebdrucke, Collagen aus Schokoladen- und Bonbonpapieren, Skulpturen wie riesige Mobiles aus Karnevalsschmuck, ortsspezifische Projekte, die Gebäudefassaden in Buntglasfenster verwandeln, sowie Experimente mit Körper und Rhythmus in Zusammenarbeit mit dem Ballettensemble ihrer Schwester Marcia.
Beatriz Milhazes ist eine der angesehensten Künstlerinnen der internationalen Kunstszene. Sie nahm an der Biennale in Venedig teil, stellte in der Fondation Cartier in Paris, in der Fondation Beyeler bei Basel und in der Galerie Max Hetzler in Berlin aus; ihre Werke hängen in New York im Museum of Modern Art und im Guggenheim-Museum. So lebendig wie ihre einzigartige Bildsprache präsentiert auch diese Monografie das Werk von Beatriz Milhazes, die modernistische Abstraktion mit den Farben und dem Licht ihres Heimatlandes verschmilzt.
Nun hat der Taschen Verlag diese herausragende Künstlerin erneut gewürdigt. Diese aktualisierte und um Arbeiten bis 2020 erweiterte Ausgabe erkundet mit über 280 Werkabbildungen sämtliche Schaffensphasen der Künstlerin von ihren Anfängen bis in die Gegenwart. Das Buch ist in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin entstanden, in der Auswahl der Bilder und durch eigens von ihr gestaltete Seiten zwischen den Kapiteln. Es enthält ein Gespräch mit dem Herausgeber Hans Werner Holzwarth, in dem die Künstlerin ihre Arbeitsweisen entwirrt und über die Ideen und kulturellen Hintergründe spricht, die Triebfeder ihres Schaffens sind. Eine kunsthistorische Abhandlung von David Ebony, ein poetisches Wörterbuch von Milhazes’ Schlüsselmotiven, zusammengestellt von Adriano Pedrosa, und eine ausführliche, aktualisierte Künstlerbiografie von Luiza Interlenghi runden dieses umfassende Werk ab.
Ebenfalls erhältlich als Art Edition
„Rhythmus ist ein Ausdruck von Kultur. Die Kompositionen, die ich schaffe, führen Sie an Orte in der Geschichte, zu Musik, der Sie gelauscht haben, zu Erinnerungen aus Ihren eigenen Lebenserfahrungen.“
— Beatriz Milhazes
Der Herausgeber:
Hans Werner Holzwarth ist Buchdesigner und Herausgeber mit zahlreichen Veröffentlichungen vor allem im Bereich der zeitgenössischen Kunst und Fotografie.
Für TASCHEN hat er eine Reihe monografischer Collector’s Editions herausgegeben, darunter Jeff Koons, Christopher Wool, Albert Oehlen und Ai Weiwei, den David-Hockney-SUMO A Bigger Book und den XXL-Band Jean-Michel Basquiat.
TASCHEN
Hardcover, 25 x 33,4 cm, 3,47 kg, 528 Seiten
60 Euro