Zur Berlin Art Week 2022 eröffnet der Uferhallen e.V. in Berlin-Wedding seine nunmehr vierte Jahresausstellung. In der Gruppenausstellung On Equal Terms sind sowohl ausgewählte Werke von Künstlerinnen der Uferhallen als auch Arbeiten von Gästen zu sehen. Die Schau mit insgesamt 26 Positionen verhandelt die Frage, wie sich die Kunst zu Mechanismen teils freiwilliger, teils erzwungener Einpreisung kultureller und künstlerischer Werte verhält: Während sich die große Mehrheit der Künstlerinnen Berlins gegen die ökonomische Verdrängung von künstlerischen Freiräumen zu wehren sucht, müssen sich ihre Sprache und ihr Agieren bisweilen einer ähnlichen Logik andienen: Aus Arbeitsplätzen und künstlerischen Netzwerken werden „Kreativräume“ und „kulturelles Kapital“.
Im Auflehnen gegen den Ausverkauf von Arbeits- und Wohnflächen geraten diese notwendigerweise zum Gegenstand von Prozessen der Verrechnung einer Kreativwirtschaft. Welchen Preis hat der Eintritt in den (standort-)politischen Bieterkampf? In welchem Verhältnis stehen kulturelles und monetäres Kapital? Ereignet sich hier eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe (on equal terms)?
Die von Sophia Gräfe und Arkadij Koscheew ausgewählten Werke entgegnen diesen Fragen teils auf konzeptueller, teils formaler Ebene. Auf dem Vorplatz der Ausstellungshalle ist eine neue Arbeit des Berliner Medienkünstlers Aram Bartholl zu sehen. This Is Fine zeigt ein überdimensionales Flammen-Emoji, welches in der Online-Kommunikation für gewöhnlich große Begeisterung unter Social-Media-Posts symbolisiert. Auf dem Vorplatz der Uferhallen jedoch wird die Ambivalenz dieses Symbols deutlich: Feuerstelle und Gefahrenzone. Im Innenraum begegnet die Arbeit Jackpot von Benedikt Braun der kapitalistischen Verheißung endloser Produktivität: Hunderte 1-Cent-Münzen wandern scheppernd auf zwei Förderbändern in einem Kreis, der keinen Mehrwert kennt. Die Wandarbeiten des Künstler*innenkollektivs Lou Cantor wiederum wenden sich der Materialästhetik von Aufprallbarrieren zu, die während Crashtests in der Automobilindustrie unter starken Kräften verformt werden. In der 3-Kanal-Video-Installation von Bianca Kennedy schließlich ist ein Zusammenschnitt historischer Filmszenen zu erleben, in denen Menschen in Badewannen zu sehen sind: We are all in this together. Die Ausstellung, welche neben Installationen, Skulpturen, Malerei, Licht-, Video- und Fotoarbeiten zeigt, wird durch ein Performanceprogramm mit Auftritten von Tommy Neuwirth, Manfred Peckl und Ann Schomburg ergänzt.
Parallel zur Ausstellung On Equal Terms zeigt der Neue Berliner Kunstverein (n.b.k.) vor Ort eine Dokumentationsausstellung zum Kulturstandort Uferhallen und präsentiert ein vollständiges Set der „Kunstaktien“, die von über 100 Künstler*innen als originäre Kunstwerke gestaltet wurden, zugleich aber auch als Aktien einen Anteil am Areal der Uferhallen verbrieften. Sie entstanden 2011 – in der Absicht, die Aktien durch eine breite Streuung vor Spekulation zu sichern. Mit 24 Kunstaktien war der n.b.k. größter Kleinaktionär. Auch wenn 2017 der Verkauf des Areals nicht verhindert werden konnte und 2022 ein Squeeze-Out den Rückkauf der verbliebenen freien Aktien erzwang, trugen die Kunstaktien dennoch entscheidend dazu bei, dass die Gespräche zwischen dem Mehrheitseigner, dem Bezirk und dem Senat mit dem Ziel der Sicherung des Kultur- und Atelierstandorts Uferhallen geführt werden konnten. Die Ausstellung wird kuratiert von Anna Lena Seiser; kuratorische Assistenz und Recherche: Cilia Jonda und Hansjörg Schneider.
Gruppenausstellung On Equal Terms mit Arbeiten von:
Stefan Alber / Aram Bartholl / Antje Blumenstein / Benedikt Braun / Lou Cantor / Peter Dobroschke / Maria Eichhorn / FORT / Heiner Franzen / Wolfgang Ganter / Asta Gröting / Christian Henkel / IOCOSE / Šejla Kamerić / Bianca Kennedy / Peter Klare / Werner Liebmann / Tommy Neuwirth / Manfred Peckl / Alona Rodeh / Hansjörg Schneider / Bettina Scholz / Ann Schomburg / Mark Wallinger / Klaus Weber / Nicole Wermers
On Equal Terms
14. September 2022 – 25. September 2022