Alpin Arda Bağcık in der Zilberman Galerie

Zilberman | Berlin zeigt noch bis 8. Februar die Ausstellung "Apocrypha" des in Istanbul lebenden Künstlers Alpin Arda Bağcık

Die Galerie Zilberman Berlin zeigt noch bis 8. Februar die Ausstellung “Apocrypha” des in Istanbul lebenden Künstlers Alpin Arda Bağcık.

Alpin Arda Bağcık hinterfragt in seinen Arbeiten die Wahrheit der Wissensproduktion, insbesondere die in den Medien zirkulierenden Bilder und die sie umgebenden Mythen oder Verschwörungstheorien. Seine Bilder sind inspiriert von zentralen Momenten der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Solche historischen Momente sind oftmals die treibende Kraft hinter seinen Gemälden; Bağcık verweist aber auch auf die betäubende Wirkung der Medien im 21. Jahrhundert. Daher benennt er seine Werke nach Neuroleptika und Antihistaminen wie Zopiclon, Methylphenidat, Imovane oder Ritalin.

Der Theoretiker Jean Baudrillard schreibt in seinem Buch La guerre du Golfe n‘a pas eu lieu (Der Golfkrieg hat nicht stattgefunden) von der Wirkmacht der Propagandabilder. Während des ersten Golfkriegs, so seine These, erzeugten die stilisierten (Misre-)Präsentationen der Medien ein Simulakrum des Krieges, ein wirklichkeitsfernes Videospiel. Ähnlich verfährt Bağcık in Apocrypha, wo er sich auf den Begriff der Post-Wahrheit sowie auf Erzählungen wie die von der Weltherrschaft konzentriert – etwa auf die Behauptung, es gebe eine einzige totalitäre Autorität, die die Macht innehat. Mit dem Begriff „Apokryphen“, den er von seiner biblischen Bedeutung loslöst, spielt der Künstler auf die Verzerrung und Manipulation von Wörtern und Bildern bis zu deren völliger Bedeutungslosigkeit an.

Das Oxford Dictionary hat den Begriff „post-truth“ 2016 zum internationalen Wort des Jahres gewählt; er wurde adjektivisch als „post-faktisch“ ins Deutsche übersetzt und bezieht sich auf „Umstände, unter denen die öffentliche Meinung weniger von objektiven Tatsachen als von Appelle an Gefühle und persönliche Überzeugungen gelenkt wird.“ 2015 posierte der syrische Flüchtling Anas Modamani für ein Selfie mit Angela Merkel. Infolge gefälschter Berichte, die über die sozialen Medien verbreitet und in denen behauptet wurde, Modamani sei mit dem IS verbunden, wurde das Bild anschließend gegen die Kanzlerin verwendet. Im Medazepam (2019) erinnert Bağcık uns an die Fragilität und Absurdität der Geschichten um die Bilder, die in den sozialen Medien zirkulieren. Im Künstlerbuch Diazem (2019) nimmt sich der Künstler falsche Nachrichten aus den türkischen Medien vor, mit denen bestimmte Verschwörungstheorien oder Weltanschauungen konstruiert oder intensiviert wurden.

Sei es die „Neue Weltordnung“ oder die Figur des Antichristen: Solche Szenarien führen zu falschen Darstellungen der Wirklichkeit. In den monochromen Gemäldeserien setzt sich der Künstler mit der starken Überzeugung auseinander, es seien bestimmte Verschwörungen im Gange. Das (barock anmutende) Gemälde Amitriptilin (2019), das an eine Art kultische Veranstaltung erinnert, zeigt die führenden Persönlichkeiten der Welt bei einem Treffen: Körper, die auf zeitgenössische Figuren verweisen, versammeln sich um einen glitzernden Globus, auf den einige von ihnen ihre Hände legen. Ihre Blicke gehen in alle möglichen Richtungen, kommunizieren aber nicht miteinander.

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Beiträgen von Çelenk Bafra, Christoph Tannert und Lotte Laub.

Alpin Arda Bağcık (1988, Izmir) hat 2007 sein Studium der Malerei an der Dokuz Eylül Universität absolviert, derzeit lebt und arbeitet er in Istanbul. Zu seinen Einzelausstellungen zählen: Red Prescription (Zilberman, Istanbul,Türkei, 2017) und Ambivalence (Zilberman, Istanbul, Türkei, 2015). Er hatte zahlreiche Gruppenausstellungen, u.a. Young Fresh Different 10: One Must Continue (kuratiert von Burçak Bingöl, Zilberman, Istanbul, Türkei, 2019), Motherland in Art (MOCAK, Krakau, Polen, 2018), Darağaç III (Izmir, Türkei, 2018), Remote Memory (kuratiert von Yaren Akbal, Abud Efendi Konağı, Istanbul, Türkei, 2018), Rotary Art Competition (Proje 4L, Istanbul, Turkey 2015), Borders and Orbits (Siemens Sanat, Istanbul, Türkei 2013), Violence(?) (Contemporary Art Museum, Rethymnon, Kreta, Griechenland, 2013), and Young Fresh Different-3 (Zilberman, Istanbul, Türkei, 2012). Seine Arbeiten sind in privaten Sammlungen vertreten, u.a. im MOCAK Museum of Contemporary Art in Krakow (Kraukau, Polen), 21c Museum Hotels (Kentucky, USA), OMM – Odunpazarı Modern Museum (Eskişehir, Türkei), Salsali Museum (Dubai, VAE) und PAPKO ART Collection (Istanbul, Türkei).

Bild: “Amipride” Alpin Arda Bağcık 2019, Galerie Zilberman 

Zilberman Gallery präsentiert herausragende internationale KünstlerInnen der Gegenwart. Neben einem ambitionierten Ausstellungsprogramm, das an den Standorten Berlin und Istanbul gezeigt wird, organisiert Zilberman Gallery ebenso Künstlergespräche, Katalogpräsentationen und Diskussionsrunden. Über die Zed Grant Förderung gibt Zilberman Gallery durch ein Stipendiatenprogramm KünstlerInnen die Möglichkeit, für die Dauer von drei Monaten in Berlin zu arbeiten.

Datum: 22.11.2019 – 9.02.2020

Zilberman

Veröffentlicht am: 30.12.2019 | Kategorie: Ausstellungen,

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