BONE MUSIC – die Ausstellung zum X-Ray Audio Projekt

BONE MUSIC – die Ausstellung zum X-Ray Audio Projekt

BONE MUSIC… und was riskierst du für deine Musik? – Heute, im Zeitalter der Streaming-Dienste, ist der Zugang zu Musik nahezu unbegrenzt. Schwer vorstellbar, dass es einmal Zeiten gab, in denen Menschen um ihrer geliebten Lieder willen Strafen oder sogar Haft riskierten. In der Sowjetunion während des Kalten Krieges waren viele Arten von Musik, einschließlich westlicher Jazz-Musik, Rock ‘n’ Roll und vieler russischer Lieder, verboten und konnten nur im Verborgenen und mit außergewöhnlichen Mitteln gehört werden.

Bone Music die Ausstellung zum X-Ray Audio Projekt erzählt diese Geschichte an historischem Ort und zu historischer Zeit: In der Villa Heike nahe der Gedenkstätte Hohenschönhausen im ehemaligen Stasi-Sperrgebiet, eröffnet die Ausstellung am 13. August, dem 60. Jahrestag des Mauerbaus, mit einer Vernissage für geladene Gäste und ist vom 14. August bis 5. September bei freiem Eintritt zugänglich. Am offiziellen Eröffnungstag am 14. August bilden Talks, Filme und Livekonzerte, von denen vor Ort neue Röntgenplatten gepresst werden, das Rahmenprogramm.

Bone Music: Eindruck der Ausstellung Garage, Moskau (c) X-Ray Audio Projekt
Bone Music: Eindruck der Ausstellung Garage, Moskau (c) X-Ray Audio Projekt

Von den späten 1940ern bis in die frühen 1960er-Jahre, als ein Regime herrschte, das die Tonträgerindustrie brutal kontrollierte, nutzten Gruppen von Musikliebhabern eine außergewöhnliche Reproduktionsmethode, um illegale Kopien verbotener Musik anzufertigen. Mit selbst gebauten Aufnahmegeräten pressten sie illegal Musik auf alte Röntgenbilder, die sie aus Krankenhäusern bekamen und in Schallplattenformat zuschnitten. Auf diese Weise fanden auch zensierte Lieder und Genres, wie westlicher Jazz, Rock ‘n’ Roll, russische Auswanderlieder, Gypsy-Tangos oder Prison Songs, ihren Weg auf die Schallplattenspieler damaliger Musikfans. Selbst als einige der Schmuggler gefasst und inhaftiert wurden, hielt das weder sie noch die Verbreitung ihrer Röntgenaufnahmen auf. Mitte der 1960er-Jahre starb das illegale Handwerk mit der Einführung der Tonbandgeräte aus, hinterließ jedoch ein Vermächtnis von klanglich und visuell einzigartigen Artefakten. Diese einzigartige Untergrundbewegung in der sowjetischen Nachkriegszeit wird in der Ausstellung porträtiert.

In der Villa Heike präsentiert die speziell für Berlin kuratierte Ausstellung die Recherchen des britischen Musikers und Radiomoderators Stephen Coates (The Real Tuesday Weld) und des Fotografen Paul Heartfield für ihr X-Ray Audio Projekt in Zusammenarbeit mit dem russischen Künstler Sergey Korsakov (Cardboardia). Dabei können Besucher:innen in eine Atmosphäre eintauchen, in der die Themen Untergrundtechnologien illegaler Musikkopien, Zensur, Kalter Krieg und menschliche Genialität miteinander verschmelzen. Die Kombination aus originalen Artefakten, Filmen, Sound und Installationen macht die Ausstellung zu einem eindrucksvollen Erlebnis. Die Ausstellung präsentiert ein spannendes und hochpolitisches Stück Musikgeschichte und enthüllt zugleich die unbeabsichtigte Schönheit und Eleganz der seltenen „Bone Music”-Platten, die aus der Not heraus entstanden sind.

Bone Music: Eindruck der Ausstellung Garage, Moskau (c) X-Ray Audio Projekt
Bone Music: Eindruck der Ausstellung Garage, Moskau (c) X-Ray Audio Projekt

Stephen Coates, Kurator von Bone Music:

„Die Platten sind Bilder des Schmerzes und der Verletzung, die mit dem Klang des verbotenen Vergnügens verwoben sind; zerbrechliche Aufnahmen des Innenlebens von Sowjetbürgern, die mit der geisterhaften Musik überlagert sind, die sie insgeheim liebten; hauchzarte Fragmente des DIY-Punk-Protests, unter hohem Risiko in Gassen und Höfen gehandelt. Sie sind ‘Roentgenizdat’.“ 

Björn Döring, Veranstalter der Ausstellung:

„Die Geschichte von Bone Music ist eng mit Berlin verbunden: Die ersten Aufnahmegeräte der Leningrader Schmuggler waren Telefunken-Aufnahmedrehmaschinen, der Röntgenfilm wurde in Deutschland erfunden und eine der wichtigsten Forschungsquellen des X-Ray Audio Projekts, Mikhail Farafanov, ein sowjetischer Schmuggler, entdeckte und verliebte sich in den Ruinen Berlins erstmals in den Jazz. Ideologisch motivierte Kulturzensur und Repression existierte zudem in ähnlichem Maße in der DDR, weshalb wir mit der Gedenkstätte Hohenschönhausen in dem Aufruf ‘Musik, Haft und Zensur in der DDR – Was haben Sie für „Ihre“ Musik riskiert?‘ zusammenarbeiten.“ 

Die Ausstellung wird kuratiert von Stephen Coates und Paul Heartfield (X-Ray Audio, UK) in Kooperation mit Cardboardia (RUS) und buero doering – Fachhandel für Ereignisse. Bone Music wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds und das Bezirksamt Lichtenberg, Amt für Weiterbildung und Kultur. Kooperationspartner sind die Gedenkstätte Hohenschönhausen und Dussmann. Von 14. August bis 5. September kann die Ausstellung jeden Donnerstag bis Sonntag, von 12:00 bis 20:00 Uhr in der Villa Heike bei freiem Eintritt besucht werden.

Programm am Eröffnungstag am Samstag, den 14.08., 14:00 – 22:00 Uhr

  • Vortrag: “The Story of Bone Music” mit Stephen Coates (Englisch)
  • Podiumsgespräch: “Songs, Censorship and Freedom: Past and present” (Englisch)
    Warum wurde Musik in der Sowjetunion und der DDR zensiert? Hat Zensur jemals funktioniert? Wie steht es um Zensur von Musik heutzutage? Kann Musik immer noch eine Form des Protests sein? Über diese und andere Fragen rund um das Thema kulturelle Freiheit diskutieren Podium und Publikum.
  • Konzerte, zu denen live eine Bone Music-Platte live geschnitten wird
  • Führungen exklusiv mit den Kuratoren (Englisch)
  • Podiumsgespräch: “Musik, Haft und Zensur in der DDR” (Deutsch) mit Konzert im Anschluss
  • Filmvorführungen: ROENTGENIZDAT – ‘The Strange Story of Soviet Music on the Bone’ (Englisch mit deutschen Untertiteln, Länge: 45 Minuten)
Bone Music: Eindruck der Ausstellung Garage, Moskau (c) X-Ray Audio Projekt
Bone Music: Eindruck der Ausstellung Garage, Moskau (c) X-Ray Audio Projekt

BONE MUSIC: Veranstaltungen

  • 13. August: Vernissage und Presseführung mit den Kuratoren, 18:00 Uhr – 20:00 Uhr
    Einlass nur mit vorheriger Anmeldung. Akkreditierungsanfragen können bis zum 10. August per E-Mail an presse@buero-doering.de gestellt werden.
  • 14. August: Ausstellungseröffnung, 14:00 Uhr – 22:00 Uhr
    Open-Air Ausstellungseröffnung und exklusive Führungen mit den Kuratoren sowie Live-Pressung einer Bone Music-Platte während eines Konzerts. Außerdem werden spannende Diskussionen und Filme um die Themen Musik, Zensur und Haft in der DDR und heutzutage weltweit geführt und gezeigt. 
  • 21. August: Lichtenberger Aktionstag „Erlebe deine Region“, 12:00 Uhr – 20:00 Uhr
    Die Ausstellung Bone Music ist Teil des Lichtenberger Aktionstag „Erlebe deine Region“. 
  • 28. August: Tag der offenen Tür der Gedenkstätte Hohenschönhausen, 11:00 Uhr – 19:00 Uhr
    Präsentation von Stephen Coates, Führungen und Live-Pressung einer Röntgenplatte bei einem Konzert der ehemals in Hohenschönhausen inhaftierten Musiker Christian Kunert und Salli Sallmann.
  • 3. September: Lange Nacht der Bilder, ab 12:00 Uhr
    Öffnung der Ausstellung bis 23:30 Uhr im Rahmen der Langen Nacht der Bilder Lichtenberg. 

Über X-Ray Audio

Das X-Ray Audio Projekt widmet sich der Geschichte der auf Röntgenbildern aufgenommenen Musik. Es hat sich zu einer fortwährenden Forschungsinitiative entwickelt, die ein Online-Archiv, einen mehrfach ausgezeichneten Film, eine BBC-Radio-Dokumentation, mehrere Publikationen und Sendungen sowie die Ausstellung „Bone Music” und Live-Veranstaltungen hervorgebracht hat. Stephen Coates ist Komponist, Autor und Musikproduzent, bekannt unter dem Namen The Real Tuesday Weld. Paul Heartfield ist einer der erfahrensten und angesehensten Porträtfotografen Londons.

Über den Veranstaltungsort

Die Anfang des 20. Jahrhunderts gebaute Villa Heike in der Freienwalder Str. 17, 13055 Berlin hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Sie wurde ursprünglich als Ausstellungshalle, Büro- und Wohngebäude des Berliner Industriellen Richard Heike gebaut, in der DDR als Teil des Sperrgebiets vom Ministerium für Staatssicherheit genutzt und 2015 nach fast 20 Jahren Leerstand und vom Verfall bedroht, saniert und 2019 wiedereröffnet.

Der Eintritt ist frei. 

Nach Tel Aviv, Moskau, Tokyo, London, Belfast und St. Petersburg kommt BONE MUSIC nun nach Berlin. BONE MUSIC wird kuratiert vom X-Ray Audio Project (UK), Stephen Coats und Paul Heartfield, in Zusammenarbeit mit Cardboardia (RUS) und buero doering – Fachhandel für Ereignisse und wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds und das Bezirksamt Lichtenberg, Amt für Weiterbildung und Kultur. Kooperationspartner sind die Gedenkstätte Hohenschönhausen und Dussmann. 

BONE MUSIC… und was riskierst du für deine Musik?

Die Ausstellung zum X-Ray Audio Projekt

14.08.2021 – 5.09.2021

Villa Heike

Veröffentlicht am: 06.08.2021 | Kategorie: Ausstellungen, Kultur, Kunst, Kunst - was sonst noch passiert, Musik, Top 3,

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