Sie mögen mutig und berückend schön gemalt haben, doch wie lebten die Künstler des frühen 20. Jahrhunderts eigentlich? Spitzweghaft, Armer-Poet-mäßig, wie das Atelier von Andre Derain auf dem Cover des liebevoll gemachten Bands „Künstler und ihre Häuser“ vermuten lässt? Weit gefehlt. Schon lange bevor der erfolgreiche Künstler als PR_bewusste Celebrity um die Welt gereicht wurde, kultivierte man die Wohnung als Präsentierbühne.
In Giorgio de Chiricos elegantem römischen Palazzo war der Umfangssaal der größte Raum. Die meisten der etwas beliebig ausgewählten vierzehn Künstlerdomizile, die hier zu sehen sind, dienten jedoch eher als Spielplätze für die eigenen ästhetischen Überzeugungen. Im Atelier von Duncan Grant aus dem Bloomsbury-Kreis um Virginia Woolf muss man das bewundern: Vom Teegeschirr, über die Vorhänge bis zum selbst gedruckten Buch ist alles Teil eines utopischen Lebenskunstwerks. Verglichen mit diesem kreativen Chaos wirkt magerstes Brüsseler Zuhause, als sei der Bewohner gerade ausgezogen – und ähnelt darin den hochstilisierten Interieurs seiner Bilder. Gustave Moreau verwandelte sein Haus schon zu Lebzeiten in ein Privatmuseum, aber nicht alle Künstler haben vorgesorgt wie er: Ihre Bilder überlebten, ihre Wohnungen sind verschwunden. Schade eigentlich, findet der respektvolle Voyeur, der sich in jedem wahren Kunstfreund versteckt.
Bewertungen
Es gibt noch keine Bewertungen.