Katharina Arndt entpuppt sich in der Ausstellung “welcome to the pleasure dome” als scharfe Beobachterin, die die verschlungenen Netze der modernen Gesellschaft, des urbanen Lebens und ihrer eigenen Identität einfängt—sowohl als Malerin als auch als Berlinerin. Lange Acrylnägel, Peaches, ein *killer* Partnerlook, nachwachsende Achselhaare, Stick-and-Poke-Tattoos, stinkende Aschenbecher und (wie könnte es anders sein?) jede Menge Smartphones: welcome to the pleasure dome!
Inspiriert von dem Song von Frankie Goes To Hollywood, spielt der Titel der Ausstellung ironisch auf den Zwiespalt dieses Ortes an—eine Stadt, die für ihre hedonistischen Vergnügungen bekannt ist und gleichzeitig ein Nährboden für soziale Ungleichheit und Ausgrenzung. Berlin ist für Arndt nicht nur eine geografische Einheit, sondern ein Kater, eine Orgie, ein Zigarettenstummel. Ihre Arbeit beschäftigt sich mit den sich kontinuierlich verschiebenden Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Raum, eine Verhandlung, die ständig durch den globalen Dialog einer unbestimmten Vielzahl geprägt ist. Der allgegenwärtige Einfluss der sozialen Medien lässt diese Grenzen weiter verschwimmen und schafft eine Gesellschaft, die sich in stetiger Konnektivität befindet.
Im Zentrum von Arndts Arbeiten steht ein Gemälde mit illustrativem Geist, eine unkonventionelle Karte des Görlitzer Parks, die von seinem üblichen menschlichen und nicht-menschlichen Publikum bevölkert wird: Touristen, Bäume, der Kanal, Raver, Hunde, Drogendealer, Mülleimer, Skater. Durch Arndts agilen Pinsel verwandelt sich der Park in eine komplexe Landschaft, die das Facettenreichtum Berlins widerspiegelt—eine Stadt, die Aufmerksamkeit verlangt, Vorurteile hinterfragt und Lust auf mehr macht.
Arndts künstlerischer Blick richtet sich auf die oft übersehenen Erscheinungen des urbanen Lebens. Bierdosen und verdrecktes Stadtmobiliar werden zu zentralen Themen und laden die Betrachter*innen ein, sich mit dem Schutt des Alltags auseinanderzusetzen. In diesen Arbeiten löst sich Arndt von Filtern, Wertzuschreibungen und Bedeutungshierarchien. Eine Hundetüte ist ein ebenso gewichtiger Kommunikator wie ein nuancierter Gesichtsausdruck oder sogar ein tolles Outfit. Das Engagement der Künstlerin, eine ungeschminkte Wahrheit einzufangen, schafft eine visuelle Sprache, die sich besonders in der heutigen Zeit als äußerst notwendig erweist—in den manikürten Echokammern der sozialen Medien, die wir für uns selbst kuratieren, bekommen wir unsere Umgebung selten zu Gesicht. Arndts Gemälde dienen als Portal für die komplexe Beziehung zwischen Identität, gesellschaftlichen Schönheitserwartungen und dem allumfassenden Einfluss der Gegenwart. Mit dem Fokus auf das urbane Leben navigieren ihre Arbeiten durch das Vergängliche, das Kontingente und das Banale und enthüllen die Schichten, die den jetzigen Moment ausmachen.
Die Einbeziehung von Selbstporträts in ihre Arbeiten verleiht Arndts Erzählungen eine zusätzliche, faszinierende Ebene. In me as an artist genießt sie ungeniert eine Zigarette und stellt sie dabei als Objekt der Begierde dar, welches Coolness und Geheimnis ausstrahlt. Die Zigarette wird zum Symbol des Genusses, ein flüchtiger Moment des Vergnügens in der chaotischen Stadtlandschaft. In ihren größeren Gemälden sehen wir jedoch ein widersprüchliches Bild von Arndt, die in sportlicher Kleidung joggt und sich von den unansehnlichen Zigarettenstummeln distanziert, die aus den Mülleimern ragen. Diese Dualität in der Künstlerin selbst spiegelt die Widersprüche in Berlin—das Nebeneinander von hedonistischem Genuss und dem Wunsch nach einem gesünderen, einfacheren Leben.
Auf den ersten Blick mag Arndts künstlerische Perspektive unbeschwert und spielerisch erscheinen. Unter der Oberfläche verbirgt sich jedoch eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Gesellschaft auf mehreren Ebenen. Im Mittelpunkt von Arndts Erkundungen stehen die Absurdität des täglichen Lebens und die conditio humana, dargestellt durch Figuren, die unermüdlich nach Verbindung und Akzeptanz suchen. Ihre Arbeit geht jedoch über den bloßen Voyeurismus hinaus und erhebt jedes Panel zu einem zeitgenössischen Genre-Werk: ein eingefrorenes Fragment junger, sich entwickelnder Identitäten, die sich im Wechselspiel zwischen digitalen Erwartungen und unvollkommener Realität bewegen.
Die Ausstellung ist im Wesentlichen ein visuelles Tagebuch—eine Kartografie des Alltäglichen. Diese Gemälde sind nicht nur Darstellungen, sondern greifbare Aufzeichnungen der Erfahrungen der Künstlerin und bieten den Betrachter*innen die Möglichkeit, in die Schuhe der Künstlerin zu schlüpfen und die Welt durch ihren Blick zu erleben. Auf diese Weise konstruiert sie eine visuelle Erzählung, die von der Vielfalt und Komplexität der urbanen Landschaft erzählt. Berlin ist eine Stadt, welche die Menschen, die sie bewohnen, gleichzeitig ernährt und herausfordert. Arndts Engagement für Authentizität, ihre Weigerung, Werturteile zu fällen, und ihre Fähigkeit, das Gängige in das Außergewöhnliche zu verwandeln, definieren die Beziehung der Betrachter*innen zu diesem Ort neu. Durch die Hervorhebung des Chaos in unserem Leben lädt Arndt uns ein, unsere eigene Wahrnehmung von Schönheit, Bedeutung und Identität zu überdenken. Die Ausstellung ist ein Zeugnis für die Macht der Kunst, den Geist einer Stadt einzufangen, und ermutigt uns, die Freuden und Gefahren unserer eigenen Reisen zu begrüßen.