Festival aktueller klingender Kunst.
Moment.
06. – 09. September 2018. Im Jahr 2018 geht es beim Klangkunstfest um eine ganz besondere, ultrakurze Zeitspanne: den Moment – den Moment der Entscheidung, des Verstehens, des Erkennens oder Wiedererkennens, des Erschreckens, des Entzückens, den Augenblick, im dem eine neue Idee entsteht, der zu schnell entflieht („Verweile doch, Du bist so schön“) oder uns wie eine Ewigkeit vorkommt.
Beim Klangkunstfest soll außerdem um das bewegende Moment gehen, das „Momentum“ als der Impuls, das entscheidende Argument, als der Initialfunke einer neuen Entwicklung oder der Zündfunke eines Gefühls. Dies kann auch allgemein den entscheidenden Beweggrund oder die freigesetzte Energie eines neuen Beginns oder eines willentlichen Abschlusses meinen. Auch wenn Entscheidungen oftmals nicht spontan, sondern wohl überlegt erfolgen – allermeist gibt es diesen besonderen Moment der inneren Gewissheit oder des Entschlusses.
Um sich diesem besonderen Zeitpunkt künstlerisch zu nähern, werden interdisziplinäre und sehr unterschiedliche avancierte Rezeptionsformate klingender Kunst zum Einsatz kommen, meist sehr kurze, manchmal auch längere, teilweise eingebettet in oder umgeben von sehr langen Formaten, die die Momentform noch speziell zur Geltung bringen. Auch Interaktivität wird eine wichtige Rolle spielen, die die Gestaltung des Moments jedem Rezipienten selbst überlässt. Vielleicht entstehen zum Klang-kunstfest 2018 auch noch ganz neue Varianten der Präsentation und/oder Rezeption. Alle Werke werden dazu in der Begleit-Ausstellung durch Partituren, Skizzen oder Notate kommentiert.
Die im Festival präsentierte Momentform wird also einerseits komponiert sein, wobei jeder Aspekt und Affekt bewusst gesetzt und proportioniert ist. Momentform hat aber in vielerlei Hinsicht auch mit Improvisation zu tun als dem Abenteuer, sich dem Unerwarteten zu stellen, spontan zu agieren. Dementsprechend werden intensiv verschiedene Formen der Improvisation entstehen – von völlig freier Ad-hoc-Aktion, über Improvisieren in bestimmten vorgegebenen oder verabredeten Rahmen über graphische Notation oder verbale Umschreibungen/Beschreibungen bis hin zu „instant composition“ als dem spontan entschiedenen, aber sehr bewussten Schöpfen aus vorbereiteten oder gezielt erschaffenen Möglichkeiten. Am Ende jedes Konzerts werden alle KünstlerInnen des Abends miteinander frei improvisieren, das Publikum ist herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.
In der Wahrnehmung und im erkennenden Erleben des Moments spielt auch seine Einordnung in die Chronologie eine große Rolle, stellt sie doch den Kontext her, in dem der Moment interpretiert und verstanden werden kann. Dabei interessiert auch die Arbeit des Gedächtnisses und die Kategorisie- rungen der erlebten Phänomene. Womit kann der erlebte Moment sinnvoll verglichen werden, wel- che Erinnerung wird in dem besagten Moment geweckt? In welchen Bedeutungszusammenhang stellt damit die Erinnerung den aktuell erlebten Moment? Und wie erinnere ich mich an diesen Mo- ment später, in ein paar Minuten, in ein paar Tagen oder Wochen? Verändert sich durch das Erinnern gar die Erinnerung selbst? Und wie verändert sich ein gleiches Erlebnis, das in bestimmten Abständen wiederholt wird? Kann man zweimal in den gleichen Fluß steigen? Und welche Implikationen hat das für ein Kunstwerk, seine Konzeption und Rezeption sowie die Rezeptionsgeschichte? Wie integrieren zeitgenössische Künstler solche Erwägungen in die Konzeption und Produktion von klingender Kunst?
Diese und weitergehende Fragestellungen zum Thema Moment. sollen beim Internationalen Klang- kunstfest Berlin 2018 durch Konzerte, eine Klangkunst-Ausstellung, Soundwalks, einen Internet-Blog und ein Symposium künstlerisch bespielt und untersucht werden. Die Zusammenarbeit mit der Bibliothek am Luisenbad wird auch inhaltlich intensiviert, indem dort im Lesesaal selbst eine weitere Klang-Installation gezeigt wird und eine weitere thematisch bezogene Veranstaltung seitens der Bibliothek wie z.B. ein Gastvortrag oder eine Dichterlesung geplant wird.
Mitwirkende Klangkunstfestival
Philipp Caspari, Performer/Zeichner/Countertenor
Martin Daske, Klangkünstler/Komponist („Foliant“ in Ausstellung und Konzert) Jenny Haack, Tänzerin/Choreographin
Prof. Javier Garavaglia, Komponist/Bratschist
Gilles Gobeil, Komponist
Kathy Hinde, Medienkünstlerin
Henrik Kaalund, Tanz
Prof. Dr. Ulrike Liedtke, Musikwissenschaftlerin
Annea Lockwood, Komponistin
Benoit Maubrey, Klangkünstler/Performer
Steve Reich, Komponist
Claudia Robles-Angel, Medienkünstlerin
Claude Schryer, Soundscape Composer
Rainer Stolz, Dichter/Performer
Sabine Vogel, Komponistin, Klangkünstlerin
Robert Voisey, Komponist+Kurator 60×60
Hildegard Westerkamp, Soundscape Composer
Nicolas Wiese, Klangkünstler/Blog
Eiko Yamada, Blockflötistin
Helmut Zapf, Komponist
Intercultural Music Pool, Interkulturelles Improvisations-Orchester mit original syrischen, iranischen, afghanischen und westlichen Instrumenten
Kammerensemble ad hoc, Instant Composition Orchestra
mit Ivo Berg, Thorsten Bloedhorn, Thomas Gerwin, Dietrich Petzold, Susanne Stelzenbach, Uygur Vural
RaumKlangEnsemble
mit Gabriela Oehring, Rike Stilijanow, TG.
Eine Veranstaltung von inter art project in Kooperation mit der Bibliothek am Luisenbad, 60×60 New York, dem Exploratorium Berlin, New Music World New York, NAISA Sound Travel Toronto und dem Institut für multisensoriale Kunst.
Eintritt frei.
Künstlerische Leitung: Thomas Gerwin
Gefördert durch die Initiative Neue Musik
Ort: Bibliothek am Luisenbad
Bibliothek am Luisenbad, Badstr.39, 13357 Berlin-Wedding
inter art project – Calvinstr.13a – 10557 Berlin
Datum: 06.09.2018 – 09.09.2018